Süleyman Deveci: Gemeinsame Nenner

Je mehr Jahre vergehen und je intensiver das Schreiben betrieben wird, desto einsamer wird man. Dies hat einen direkten Zusammenhang mit dem Schreiben. Wenn man Menschen kennenlernt, wenn man die Tiefe der Literatur entdeckt, entfernt man sich von gewöhnlichen Menschen, und nach einer Weile entfernt man sich ganz von Menschen. Denn die täglichen Gespräche, die Plaudereien, das oberflächliche und gekünstelte Verhalten, das Atmen der gleichen Luft mit Menschen, die dumme Gedanken haben, ersticken einen, machen das Atmen schwer. Hinzu kommt, dass die ständige Eile, etwas nachzuholen, die Eile, besser und schöner zu schreiben, den Schreiberling mitnimmt. Deren Anliegen, Interessen und die Themen, die sie sehr stark betonen, sind vielleicht nicht für jeden interessant.

Gewöhnliche Abneigung, Selektivität, übermäßige Anspruchshaltung, weit entfernt von Arroganz und Eitelkeit, werden Sie dazu bringen, die wenigen Menschen um Sie herum zu eliminieren und aufzulisten, und Sie werden selten jemanden in Ihre Nähe lassen. Eines Tages hat man das Gefühl, dass man ganz allein ist. Sie vergessen, was ein Kompromiss bedeutet. Ihre starren Regeln und strengen Prinzipien werfen Sie um. Und diejenigen, die behaupten, dass Schriftsteller diese Dinge bewusst tun, sind lächerlich. Die Umstände verdammen den Schriftsteller jedoch so oder so zu einem solchen Leben. Der Reichtum der Menschen, die den Geschmack haben, in dreißig Wörtern am Tag ihre Sorgen, Nöte und ihr Glück zu erzählen, erschreckt den Schriftsteller, lässt ihn verzweifeln.

Schließlich ist auch der Schriftsteller ein Mensch. Es ist sehr leicht für einen Menschen, in die Dunkelheit zu fallen, wenn er allein ist. Er muss Freunde haben, die ihn aus seinen schwierigen und dunklen Tagen herausholen, die ihm helfen, wenn es nötig ist, und die ihn retten. Sind die rund fünfhundert Romane, die jedes Jahr allein in Deutschland veröffentlicht werden, nicht ein Beweis dafür, dass es so viele Schriftsteller gibt? Man kann nicht einfach Werbung für sie machen, ihnen in den sozialen Medien folgen oder sich ihnen nähern, ihre Arbeit kommentieren und kritisieren. Aber echte Schriftstellerfreundschaften sind schwieriger, als man denkt. Berufliche Rivalitäten, starke Egos, absurde Eifersüchteleien und absurder Missgunst sind oft die häufigsten Hindernisse, die dies verhindern. Sonst wäre es möglich gewesen, wenigstens zehn der über hundert Schriftsteller mit Migrationshintergrund, die allein in Hamburg und Umgebung leben, zusammenzubringen.

Enttäuschungen, unberechtigte und ungerechtfertigte Erwartungen, unbegründeter Groll, unentwickelte soziale Seiten und manchmal auch unsere Persönlichkeiten gehören zu den größten Hindernissen für solide Beziehungen und dauerhafte Freundschaften. Dennoch wissen die Schriftsteller, dass sie auf gemeinsamen Grundlagen zusammenkommen können. Schließlich üben sie denselben Beruf aus. Wenn jeder Beruf seine eigenen Verbände hat, warum nicht auch Schriftsteller? Außerdem ist die Existenz zahlreicher Schriftstellerorganisationen bekannt. Aber es gibt auch diejenigen, die nicht einmal annähernd so weit gehen, die nicht einmal Seite an Seite mit ihren eigenen Kollegen gesehen werden wollen. In der Tat sind solche Menschen dem Leben, den Menschen, den Lebewesen und dem Leben gegenüber ablehnend eingestellt. Kafka verdankte seinen Erfolg seinem besten Freund, Gogols stärkste Werke wurden von seinem Butler vor dem Feuer gerettet. Man könnte das alles einen Zufall nennen, eine Fügung des Schicksals.

Kurz gesagt: Auch wenn sie den Erfolg oder die Leser, die sie verdienen, allein erreichen müssen, können die Schriftsteller auf einer gemeinsamen Grundlage handeln. Was sind sie, was können sie sein? Niemand kann die Unwissenheit und die Unwissenden allein besiegen, es ist unbedingt notwendig, gemeinsam zu handeln. Die Liebe zum Lesen und die Liebe zu Büchern zu verbreiten, ist schwierig und braucht viel Zeit. Durch gemeinsames Handeln und die Festlegung konkreter Ziele, Pläne und Programme können schnellere und effizientere Fortschritte erzielt werden. Um mehr Interesse zu wecken, um die Leute dorthin zu locken, wo das Buch und der Autor sind. Es ist unvermeidlich, dass man gemeinsam über ähnliche Probleme nachdenkt und nach Wegen sucht, sie zu überwinden. Was für ein billiger und beschämender Ansatz ist es, aus den Beziehungen von Kollegen Kapital schlagen zu wollen, um drei oder fünf Bücher zu verkaufen und Gegenstand von ein oder zwei Zeitungsartikeln zu sein. Wenn der Verfasser von seinen eigenen Kollegen Schläge erhält, wird die absolute Einsamkeit unvermeidlich. Denn die schwersten Schläge und Verletzungen sind die, die sie verursachen. Solange der Schreiber nur sein eigenes persönliches Interesse im Auge hat, verrät er seinen Beruf. Was bedeutet es, auf die eine oder andere Weise Schriftsteller zu sein, außer sich an die Menschheit zu wenden und ihr sogar zu dienen?

Süleyman Deveci

06.01.2023