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Ayşe Gökkan: Im Gefängnis dem Tod überlassen

Ayşe Gökkan und drei weitere politische Gefangene in der Frauenvollzugsanstalt in Amed sind an Covid-19 erkrankt

Ayşe Gökkan und drei weitere politische Gefangene in der Frauenvollzugsanstalt in Amed sind an Covid-19 erkrankt. Die Sprecherin der kurdischen Frauenbewegung sagt, dass sie dem Tod überlassen werden, es gibt keine medizinische Behandlung.

In der Frauenvollzugsanstalt Diyarbakır (ku. Amed) sind vier politische Gefangene an Covid-19 erkrankt. Bei den Frauen handelt es sich um die TJA-Sprecherin Ayşe Gökkan, Zelal Bilgin, Jiyan Arıkboğa und die sechzigjährige Feyza Aksoy.

Wie Ayşe Gökkan ihrer Rechtsanwältin mitteilte, haben alle vier einen schweren Krankheitsverlauf. Als sich die ersten Symptome zeigten, wurde den Frauen eine Testung verweigert. Erst nach längerem Beharren konnten die Gefangenen sich am 9. Februar testen lassen, bei vier von sechs Frauen war das Ergebnis positiv. „Wir haben daraufhin auf eine Ärztin gewartet, aber es kam niemand. Daraufhin haben wir uns beschwert. Als endlich jemand kam, wurden wir nicht zu unserer Krankheit befragt, sondern zu unserer eingereichten Beschwerde. Wir vier haben einen schweren Krankheitsverlauf und sind hier dem Tod ausgesetzt. Wir können kaum atmen, aber es gibt keine Behandlung“, erklärte Gökkan gegenüber ihrem Rechtsbeistand.

Ayşe Gökkan berichtete außerdem von zwei Suizidversuchen im Gefängnis, von denen sie gehört habe: „Als wir in die Quarantäne-Zelle gingen, habe ich gehört, wie sich Frauen unterhalten haben. Sie sagten, dass zwei Frauen am Montag aufgrund der Folter und Unterdrückung im Gefängnis Selbstmordversuche unternommen haben. Eine der beiden sagte, dass Selbstmord angesichts der Geschehnisse im Gefängnis der einzige Ausweg sei.“

Gökkan und ihre Mitgefangenen wollen Kontakt mit der Anwaltskammer Amed und der Menschenrechtsstiftung TIHV aufnehmen, um über das Vorgehen in der Vollzugsanstalt und den Umgang mit ihrer Erkrankung zu berichten. Gegenüber ihrer Rechtsanwältin erklärte Ayşe Gökkan: „Ich sage es noch einmal: Hier herrscht Folter und wir werden dem Tod überlassen. Wir haben bei der Vollzugsleitung Beschwerde gegen den Arzt wegen unterlassener medizinischer Hilfeleistung eingelegt.“

Ayşe Gökkan ist im Oktober 2021 zu dreißig Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden, die TJA-Aktivistin Zelal Bilgin einen Monat davor zu neun Jahren Haft. Beiden wird Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation vorgeworfen, gemeint ist die PKK.

Ayşe Gökkan: Journalistin, Bürgermeisterin, Feministin

Ayşe Gökkan ist 1965 in Pirsûs (Suruç) geboren und hat Journalismus studiert. Sie ist seit über einem Jahr im Gefängnis und zuvor über 80 Mal festgenommen worden. 2009 wurde Gökkan mit 83 Prozent der Stimmen zur Bürgermeisterin der Kreisstadt Nisêbîn (Nusaybin) gewählt. Zur Sprecherin der TJA (Tevgera Jinên Azad / Bewegung Freier Frauen) wurde Gökkan im Februar 2020 gewählt. Im Dezember desselben Jahres wurde sie in Mêrdîn (Mardin) zu achtzehn Monaten Haft verurteilt. In dem Verfahren wurde sie beschuldigt, sich in militärischem Sperrgebiet aufgehalten und Sachschäden verursacht zu haben. Der Vorwurf geht auf eine Aktion des zivilen Gehorsams im Oktober 2013 zurück. Zu dem Zeitpunkt war Gökkan Bürgermeisterin von Nisêbîn und protestierte mit einem Hungerstreik an der Grenze nach Syrien gegen den Bau einer Mauer.

Zelal Bilgin: Kampf gegen das Patriarchat

Zelal Bilgin ist seit langer Zeit in der kurdischen Frauenbewegung und Zivilgesellschaft aktiv und hat sich trotz wiederholten Festnahmen bei der TJA-Kampagne „Aufstehen für Wandel und Freiheit“ für den Kampf gegen das Patriarchat engagiert. Gegenüber ANF erklärte sie vor drei Jahren: „Es ist klar, unser Problem liegt nicht im biologischen Geschlecht, sondern in der Mentalität. Die patriarchale Mentalität hat der Hälfte der Gesellschaft, einem Wesen, das das Leben und die Natur schafft und schützt, den Krieg erklärt. Wir wissen, dass die Politik der Entfremdung vom Leben Teil dieses Krieges ist. Wir haben begonnen, uns dem mit Überzeugung und Entschlossenheit entgegen zu stellen. Wir leben in einer Zeit, in der sich Fundamentalismus und Rassismus verbreiten, in der sich die patriarchale Mentalität immer heftiger niederschlägt und versucht wird, das Leben mit allen Mitteln der Kriegspolitik und des Profitstrebens auszulöschen. Wir müssen einen Weg finden, um uns alle gemeinsam diesen Angriffen entgegenzustellen. Der Frauenkampf und die Allianz von Frauen stellen einen Aufstand gegen die Ausweitung des Patriarchats in allen Bereichen dar. Wir sind davon überzeugt, dass wir durch den Kampf der Frauen in der Lage sind, Unterdrückung und Massaker zu stoppen.“

ANF

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