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Aufklärung über Rolle von EU-Mitgliedstaaten gefordert

Pegasus-Affäre

Zivilgesellschaftliche Organisationen kritisierten bis zuletzt, dass auch die reformierte Verordnung an entscheidenden Stellen zu kurz greife, begrüßten aber das Bemühen um mehr Transparenz in einem notorisch undurchsichtigen Markt.

Reporter ohne Grenzen (RSF) und weitere Menschenrechtsorganisationen verlangen Aufklärung über die Rolle mehrerer EU-Mitgliedstaaten in der Affäre um den Einsatz der Spionagesoftware Pegasus. Nach jahrelangen Verhandlungen treten mit der reformierten Dual-Use-Verordnung am Donnerstag (09. September) neue Regeln für den Handel mit digitaler Überwachungstechnologie in Kraft. Sie sollen Risiken für die Menschenrechte bei der Vergabe von Exportlizenzen stärker berücksichtigen und gewährleisten.

Zivilgesellschaftliche Organisationen kritisierten bis zuletzt, dass auch die reformierte Verordnung an entscheidenden Stellen zu kurz greife, begrüßten aber das Bemühen um mehr Transparenz in einem notorisch undurchsichtigen Markt. Diesem Vorsatz müssen Kommission und Mitgliedstaaten nun Taten folgen lassen. Das Bündnis mehrerer Nichtregierungsorganisationen fordert Transparenz darüber, ob auch EU-Mitgliedstaaten dem Überwachungstechnologieunternehmen NSO Group Lizenzen für den Export der „Pegasus“-Spähsoftware erteilt haben. Laut „Transparenzbericht“ des Unternehmens war dies in Bulgarien und Zypern der Fall. Noch im Januar 2021 verneinte die EU-Kommission aber die Existenz entsprechender Lizenzen aus Zypern. Des Weiteren fordern die Organisationen Aufklärung über den Vorwurf, auch der EU-Mitgliedstaat Ungarn habe Pegasus unter anderem zur Überwachung von Journalistinnen und Journalisten eingesetzt.

Am Dienstag (07.09.) wurde bekannt, dass auch das Bundeskriminalamt 2020 eine Version von Pegasus erworben hat und seit März 2021 einsetzt. Aussagen der Vizebehördenchefin zufolge wurden die Funktionalitäten der Software eingeschränkt, um der deutschen Gesetzeslage zu entsprechen. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wirft die Zusammenarbeit mit einem Unternehmen, dem bereits seit Jahren vorgeworfen wird, repressive Staaten ohne Rücksicht auf menschenrechtliche Folgen zu beliefern, dennoch Fragen auf.

„Aller europäischer Einsatz für Transparenz und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten beim Handel mit Überwachungstechnologie wird von den Vorwürfen überschattet, dass EU-Mitgliedstaaten Lizenzen zum Export von Pegasus gewährt haben und mit Ungarn auch ein EU-Mitglied den Trojaner zur Überwachung von Medienschaffenden missbraucht haben soll. Dass neuesten Enthüllungen zufolge auch das Bundeskriminalamt die Spionagesoftware Pegasus bei der NSO Group eingekauft haben soll, lässt an Deutschlands Bemühen um einen transparenten Handel, der die Menschenrechte achtet, zutiefst zweifeln“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die EU-Kommission muss die Vorwürfe gegen verschiedene EU-Mitgliedstaaten untersuchen und Konsequenzen für die Implementierung der neuen Exportregeln ziehen. Vor allem aber ist es an der internationalen Staatengemeinschaft, diesem Handel einen Riegel vorzuschieben, bis angemessene Vorgaben zum Schutz vor staatlichem Missbrauch gefunden sind.“

So fordern die unterzeichnenden Organisationen unter anderem grundsätzliche Verbesserungen bei der öffentlichen Dokumentation erteilter und verweigerter Exportlizenzen und Klarheit darüber, welche Technologieexporte aus der EU künftig strenger kontrolliert werden sollen. Das Ausmaß der durch das „Pegasus Projekt“ aufgedeckten Menschenrechtsverletzungen durch mindestens elf Staaten belegt, dass nur ein international bindender Rechtsrahmen dem massiven Missbrauch digitaler Überwachungstechnologie Einhalt bieten kann.

Nach dem Bekanntwerden der Pegasus-Affäre hatte RSF am 20. Juli bei der Pariser Staatsanwaltschaft Klage eingereicht, da Frankreich stark von der Überwachung betroffen ist. Die Staatsanwaltschaft hat bereits begonnen zu ermitteln.Die Journalisten Maati Monjib und Omar Brouksy hatten die Beschwerde mitunterzeichnet. 17 weitere Betroffene schlossen sich Anfang August der Klage an. Somit untermauern nun insgesamt 19 konkrete Fälle die RSF-Beschwerde. Sie zeigen, dass die Überwachungssoftware der NSO Group vielfach gegen Journalistinnen und Journalisten eingesetzt wurde, weltweit und seit mindestens fünf Jahren. 2020 hatte RSF die NSO Group bereits als „Feind des Internets“ eingestuft.

RSF / 08.09.2021

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