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Journalisten in Lebensgefahr: UN-Sicherheitsrat muss Notfallplan erarbeiten

Afghanistan

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Afghanistan auf Platz 122 von 180 Staaten.

Angesichts der jüngsten Entwicklungen in Afghanistan fordert Reporter ohne Grenzen (RSF) den UN-Sicherheitsrat dringend auf, eine Sondersitzung abzuhalten, um die lebensgefährliche Situation von Journalistinnen und Journalisten nach der Machtübernahme der Taliban in Kabul zu erörtern und einen Notfallplan zu erarbeiten. Nur mit einer konzertierten Reaktion der Regierungen können Afghanistans Medienschaffende aus ihrer verzweifelten Lage gerettet werden.

In Anbetracht der Regeln für reguläre Sitzungen des Sicherheitsrates und der Dringlichkeit der Situation hält RSF eine Sitzung im Arria-Format für angemessen. Dabei handelt es sich um eine informelle Sitzung, die von Mitgliedern des Sicherheitsrats anberaumt werden kann. In dem Rahmen können Meinungen von Einzelpersonen, Organisationen oder Institutionen zu bestimmten Themen gehört werden, die in die Zuständigkeit des Rates fallen. Dieses Format würde den teilnehmenden Regierungen die Möglichkeit geben, Informationen aus erster Hand von direkt betroffenen Akteuren wie RSF zu erhalten. Führende afghanische Journalistinnen und Journalisten könnten ebenfalls eingeladen werden und deutlich machen, dass das Überleben des afghanischen Journalismus am seidenen Faden hängt.

Ein solches Treffen, an dem Regierungen, zivilgesellschaftliche Organisationen, Medienvertreter und afghanische Journalistinnen teilnehmen, könnte die Grundlage für einen „Notfallplan für den afghanischen Journalismus“ bilden, der folgende Punkte umfasst:

  • Garantien für die Sicherheit und den Schutz von afghanischen Journalistinnen, Journalisten und Medien, egal wo sie sich aufhalten,
  • Hilfe für Medienschaffende, die Afghanistan verlassen wollen, insbesondere vereinfachte Verfahren zur Erlangung von Visa und zur Übernahme der Reisekosten,
  • Einrichtung eines Fonds zur Deckung des unmittelbaren Bedarfs afghanischer Journalistinnen, Journalisten und Medien, egal wo sie sich aufhalten,
  • Koordinierung und Beratung mit dem Ziel, dass afghanische Medien fortbestehen können, wenn nötig im Ausland, einschließlich Nachbarländer,
  • Unterstützung für afghanische Organisationen wie das Zentrum für den Schutz afghanischer Journalistinnen (CPAWJ) und das Komitee für die Sicherheit afghanischer Journalisten (AJSC).

Dieser Plan könnte Gegenstand einer Resolution des Sicherheitsrates sein, die eine Aufforderung an alle Mitgliedstaaten enthält, den afghanischen Journalismus sowohl in Afghanistan als auch im Ausland zu unterstützen. Bereits 2006 und 2015 hatte der Sicherheitsrat zwei Resolutionen zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten weltweit verabschiedet.

Rund 100 Medien haben in den vergangenen Wochen in Afghanistan ihre Arbeit eingestellt. Hunderte Journalistinnen und Journalisten sind untergetaucht oder versuchen, aus dem Land zu fliehen. In von den Taliban kontrollierten Gebieten arbeitende Medien, die noch nicht schließen mussten, senden nur noch religiöse und von der Extremistengruppe vorgegebene Inhalte. Dadurch steht eine in den vergangenen 20 Jahren entstandene lebendige und durchaus plurale Medienlandschaft auf dem Spiel. In Afghanistan gibt es mindestens acht Nachrichtenagenturen, 52 Fernsehsender, 165 Radiosender und 190 Printmedien. Nach den jüngsten Zahlen des afghanischen Medien- und Journalistenverbands arbeiten dort insgesamt 12.000 Journalistinnen und Journalisten. Das Zentrum für den Schutz afghanischer Journalistinnen berichtet, dass insgesamt 1.741 Frauen für afghanische Medien arbeiten, davon 764 professionelle Journalistinnen in den Provinzen Kabul, Herat und Balkh. Unter der Herrschaft der Taliban zwischen 1996 und 2001 waren alle Medien verboten, mit Ausnahme der Voice of Sharia, die nur Propaganda und religiöse Inhalte sendete.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Afghanistan auf Platz 122 von 180 Staaten.

RSF / 19.08.2021

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