Künftig dürfen Bioabfälle nur noch maximal 0,5 Prozent Kunststoffe enthalten, bevor sie in die Kompostierung oder Vergärung gelangen. Diese erstmals eingeführte Obergrenze sieht die Novelle der Bioabfallverordnung vor, die heute vom Bundeskabinett beschlossen wurde. Dieser Wert gilt künftig auch für Verpackungen und Kaffeekapseln, die als biologisch abbaubare Kunststoffprodukte beworben werden. Solche Kunststoffe bauen sich in Behandlungsanlagen nicht vollständig ab und können daher die Umwelt verschmutzen. Zudem wird der Anwendungsbereich für Bioabfälle erweitert. Komposte aus Bioabfällen, die nicht als Düngemittel oder auf nicht-landwirtschaftlichen Flächen eingesetzt werden, unterliegen künftig auch der Bioabfallverordnung.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Kunststoffe im Bioabfall sind eine Gefahr für die Natur und den Menschen. Noch viel zu oft landen Lebensmittelabfälle mit Kunststoffverpackungen in der Kompostierung oder Biogasanlagen. Dort bauen sie sich nicht ab, sondern gelangen im Dünger auf unsere Äcker und Gemüsebeete, wo sie als Mikroplastik hunderte von Jahren überdauern. Kunststoffe aus dem Bioabfall zu entfernen verursacht hohe Kosten. Kunststoffe haben im Bioabfall nichts zu suchen. Mit den erstmals eingeführten Obergrenzen wird sichergestellt, dass nur Bioabfälle mit sehr geringen, kaum vermeidbaren Mengen Kunststoff angeliefert werden. Aber am besten landen Lebensmittelverpackungen oder Plastiktüten erst gar nicht im Biomüll. Wenn wir als Verbraucherinnen und Verbraucher Bioabfälle gewissenhaft trennen, steigt die Qualität der Komposterde und die Umwelt bleibt sauber.“
Kern der geplanten Novelle sind die neuen Vorgaben für die Entfrachtung von Fremdstoffen aus Bioabfällen, bevor sie in die biologische Behandlung (Kompostierung, Vergärung) oder Gemischherstellung gelangen. Betreiber der Behandlungsanlagen müssen künftig die Menge an Fremdstoffen im angelieferten Bioabfall prüfen. Werden die neuen Input-Obergrenzen überschritten, müssen sie die Fremdstoffe aufwändig entfernen. Das betrifft vor allem Kunststoffverpackungen, die mit verpackten Lebensmittelabfällen aus dem Handel und der Produktion oder privaten Haushalten in den Bioabfall geraten.
Grundsätzlich gilt künftig: Bioabfälle dürfen vor der Behandlung nur noch maximal 0,5 Prozent Kunststoffe enthalten. Stammen die Bioabfälle aus der Biotonne sind maximal 1,0 Prozent Kunststoffe zulässig. Je sauberer und sortenreiner die angelieferten Bioabfälle sind, desto geringer sind Aufwand und Kosten für die Fremdstoffentfrachtung.
Des Weiteren wird der Anwendungsbereich der Bioabfallverordnung erweitert. Bislang galten die Anforderungen nur für die Verwertung von Bioabfällen als Düngemittel auf landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Nutzflächen. Künftig gelten die Regelungen auch, wenn Bioabfälle zur Bodenverbesserung oder im Garten- und Landschaftsbau eingesetzt werden.
Bioabfälle machen den größten Teil der getrennt gesammelten Siedlungsabfälle aus. Jährlich werden in Deutschland rund 14 Millionen Tonnen biologisch abbaubare Abfälle getrennt gesammelt und erfasst, wovon der größte Teil in Kompostierungs- und Vergärungs- beziehungsweise Biogasanlagen behandelt wird. Allerdings werden noch immer zu viele Bioabfälle nicht getrennt erfasst und gehen als Wertstoff verloren. Bioabfälle landen zu einem Großteil in der Restmülltonne, sie haben dort mit rund 40 Prozent den größten Anteil. Um das zu ändern, muss das Sammeln und Trennen vor Ort in den Kommunen leichter werden. Das Bundesumweltministerium unterstützt daher die bundesweite Kampagne „Aktion Biotonne Deutschland“, um die Getrenntsammlung z. B. durch mehr Biotonnen sowie durch höhere Sortenreinheit zu verbessern und das Bewusstsein für das Wertstoffpotenzial von Bioabfällen zu schärfen. Städte und Landkreise sowie kommunale Entsorgungsträger finden an dieser Stelle hilfreiche Informationen für ihre Abfallberatung.
Die getrennte Sammlung und Verwertung von Bioabfällen ist aktiver Ressourcen- und Klimaschutz. Durch die Vergärung von Bioabfällen wird Biogas gewonnen, womit fossile Energieträger wie Erdöl und Kohle ersetzt werden. Bioabfallkomposte und Gärrückstände werden zur Düngung und Bodenverbesserung eingesetzt und ersetzen Primärrohstoff-Düngemittel und Torf.
Neben der Bioabfallverordnung werden durch die Verordnung zur Änderung abfallrechtlicher Verordnungen die Anzeige- und Erlaubnisverordnung, die Gewerbeabfallverordnung, die Abfallbeauftragtenverordnung geändert sowie redaktionelle Korrekturen in der Nachweisverordnung und der POP-Abfall-Überwachungs-Verordnung vorgenommen. In der Gewerbeabfallverordnung wird zukünftig u. a. zwischen verpackten und unverpackten Bioabfällen unterschieden; diese sind daher separat zu sammeln und zu befördern. Des Weiteren wird klargestellt, dass verpackte Bioabfälle vor der weiteren stofflichen Verwertung zu entpacken sind. Mit der Änderung der Abfallbeauftragtenverordnung wird die Mengenschwelle, ab der ein Abfallbeauftragter zu bestellen ist, für die Vertreiber, die freiwillig Elektro- und Elektronikaltgeräte zurücknehmen, deutlich heraufgesetzt. Durch diese Erleichterung soll die Bereitschaft des Handels zur freiwilligen Rücknahme von Elektro- und Elektronikaltgeräten gefördert und das Erreichen der zu erfüllenden Sammelquote für Elektro- und Elektronikaltgeräte unterstützt werden.
Nach dem Beschluss durch das Bundeskabinett und nach dem Abschluss des Notifizierungsverfahrens bei der EU-Kommission muss der Bundesrat der Verordnung zur Änderung abfallrechtlicher Verordnungen zustimmen. Es ist geplant, dass die Änderungsverordnung im ersten Halbjahr 2022 im Bundesgesetzblatt verkündet wird.
BMU / 22.09.2021