In seiner Plenarsitzung am 11. März 2022 hat der Bundesrat beschlossen, den federführend von Hamburg und Nordrhein-Westfalen erarbeiteten „Gesetzentwurf zur Stärkung der Gerichte in Wirtschaftsstreitigkeiten“ erneut in den Bundestag einzubringen. Den Entwurf, der bereits im Mai 2021 eingebracht worden war, hatte der Bundestag vor Ablauf der Legislaturperiode nicht mehr behandelt.
Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina: „Die Justiz in Deutschland ist international hoch angesehen. Wir wollen sie nun noch genauer auf die Globalisierung und die internationalen Rechtsbeziehungen ausrichten. Allein der Brexit dürfte auch zu einer Verlagerung der Wirtschaftsstreitigkeiten führen. Wenn wir die deutsche Justiz bei Handelssachen weiter spezialisieren und Angebote wie Englisch als Verfahrenssprache schaffen, können wir sie im internationalen Rechtsverkehr stärken und den Rechtsstandort Deutschland für Wirtschaftsakteure noch attraktiver machen.“
Minister der Justiz Nordrhein-Westfalen Peter Biesenbach: „Wir möchten erreichen, dass Wirtschaftsstreitigkeiten deutscher und internationaler Unternehmen seltener im Ausland oder vor privaten Schiedsgerichten verhandelt werden, sondern wieder häufiger vor hochqualifizierten staatlichen Gerichten in Deutschland. Die Entwicklung der internationalen Rechtsprechung im Wirtschaftsrecht dürfen wir nicht aus der Hand geben. Mit unserem Gesetz können wir den Justiz- und Wirtschaftsstandort Deutschland entscheidend stärken. Denn eine optimal aufgestellte Justiz ist Rechtsstaatsgarant und Wirtschafsfaktor zugleich.“
Die Initiative Hamburgs und Nordrhein-Westfalens sieht vor, dass die Länder an den Landgerichten Kammern für internationale Handelssachen und an den Oberlandesgerichten Senate für größere internationale Handelssachen einrichten können. Wirtschaftsstreitigkeiten mit internationalem Bezug und einem Streitwert ab zwei Millionen Euro könnten dann – wenn dies dem Wunsch beider Parteien entspricht – erstinstanzlich vor einem bestimmten Oberlandesgericht verhandelt werden.
Internationale Handelsverfahren sollen teilweise oder ganz auch in englischer Sprache geführt werden können. Um den besonderen Anforderungen dieser Verfahren gerecht zu werden, sieht der Gesetzentwurf für das Verfahren bei den Oberlandesgerichten auch effektivere Möglichkeiten zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen sowie die Möglichkeit von Wortprotokollen vor.
Aus Gründen der Effizienz der Justiz und als übersichtliches Angebot für internationale Unternehmen sollen solche Commercial Courts nur an einem Oberlandesgericht je Land eingerichtet werden können. Gleichzeitig sollen länderübergreifend durch Staatsverträge gemeinsame Commercial Courts geschaffen werden können. Damit könnten sich Länder, die keine eigenen Senate einrichten wollen, anderen Ländern anschließen.
Der Gesetzentwurf aus Hamburg und Nordrhein-Westfalen sieht außerdem vor, dass die Länder an einem Oberlandesgericht einen oder mehrere bereits bestehende Zivilsenate bestimmen können, vor denen auch rein nationale, entsprechend großvolumige Handelssachen erstinstanzlich verhandelt werden können, wenn die Parteien das vereinbaren.
Behörde für Justiz und Verbraucherschutz / 11.03.2022
Foto: Behörde für Justiz und Verbraucherschutz / Bundesrat