38. Deutscher Evangelischer Kirchentag:
- Einschränkungen der Religionsfreiheit, besonders im Nahen und Mittleren Osten
- Bischof der syrisch-orthodoxen Kirche beschwört Solidarität
- Islamistischer Terror bedroht religiöse Minderheiten
Zu Beginn des Deutschen Evangelischen Kirchentages beklagt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) Einschränkungen der Religionsfreiheit weltweit, besonders im Nahen und Mittleren Osten. Vor wenigen Wochen traf GfbV-Nahostexperte Dr. Kamal Sido in Syrien Bischof Maurice von der syrisch-orthodoxen Kirche. Im Norden Aleppos besuchte er die Kirche der konvertierten kurdischen Christen und Yeziden. Kurdische Christen und Yeziden sowie Bischof Maurice appellierten an die deutsche Bundesregierung, vor allem an die Evangelische Kirche in Deutschland und die römisch-katholische Kirche in Deutschland: Die Menschen hierzulande mögen die christlichen, aber auch anderen religiösen Minderheiten nicht im Stich lassen. „Sie brauchen dringend die Solidarität ihrer Brüder und Schwestern in Deutschland. Im Irak und in Syrien hält die tödliche Bedrohung durch den sogenannten ‚Islamischen Staat‘ an“, erinnerte Sido anlässlich des heute beginnenden Kirchentages. „Immer wieder kommt es zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Untergrundzellen des IS. In den letzten Wochen wurden IS-Aktivitäten in der sogenannten Niniveh-Ebene unweit der irakischen Metropole Mossul gemeldet. Auch im Nordosten Syriens ist der IS nicht verschwunden.“
Zu den Gefahren durch den IS komme das radikal-islamistische Gedankengut, das in Teilen der sunnitischen Bevölkerung im Irak und in Syrien verankert ist. „Leider wird kaum etwas getan, um die Ideologie des radikalen Islam zu bekämpfen. Diese Ideologie wird vor allem durch den türkischen Machthaber Erdogan und die Machthaber des arabischen Golfemirats Katar gefördert – nicht nur im Nahen Osten, sondern auch in Nordafrika“, berichtete Sido. „In Libyen beispielsweise haben fehlende staatliche Strukturen und die Vorherrschaft radikal-islamischer Milizen, die von der Türkei und Katar unterstützt werden, viele christliche Gläubige aus dem Land getrieben.“ Lebten vor dem Sturz von Oberst Gaddafi im Jahr 2011 rund 150.000 Christen in Libyen, sind es heute weniger als 30.000.
Die Kirchen in Deutschland sollten eine Allianz zum Schutz der christlichen Minderheiten im Nahen Osten und Nordafrika bilden, forderte Sido: „Die Nato-Staaten, die die Machthaber in der Türkei und in Katar unterstützen, müssen auf diese Staaten einwirken. Denn derzeit fördern sie den radikalen sunnitischen Islam indirekt aus geopolitischen Gründen. Das birgt eine große Gefahr auch für das friedliche Zusammenleben in Deutschland und Europa.“
Im April und Mai besuchte Dr. Sido die mandäische Glaubensgemeinschaft in Bagdad und die assyro-aramäisch-chaldäischen christlichen Gemeinschaften im Irak und in Nordsyrien. In Sinjar, dem Kerngebiet der yezidischen Gemeinschaft im äußersten Nordwesten des Irak.
Die GfbV ist vom 8. bis 11. Juni auf dem 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg vertreten. In Halle 1, Stand 1-G72, informieren GfbV-Referentin Tabea Giesecke und weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über unsere Menschenrechtsarbeit. In diesem Jahr ist das Schicksal der yezidischen Religionsgemeinschaft zentrales Thema des Messestandes.
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) / 08.06.2023
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