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Erdoğan bezeichnet Kılıçdaroğlu als „Säufer und Betrunkenen“

Die Wahlen in der Türkei

Kaum ein Politiker polarisiert so sehr wie Recep Tayyip Erdoğan. In Istanbul beschimpfte er nun seinen Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu als „Säufer und Betrunkenen“. In Erzurum wurde der Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoğlu mit Steinen beworfen.

Eine Woche vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei tritt der Wahlkampf in die Schlussphase. Der amtierende Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan sprach auf einer Großveranstaltung in Istanbul und warnte vor einem Machtwechsel im Land. Sein Herausforderer, der CHP-Vorsitzende Kemal Kılıçdaroğlu, könne – so Erdoğan wörtlich – „so viel trinken, wie er wolle; das türkische Volk werde das Land nicht einem Säufer und Betrunkenen überlassen“. Erdoğan erneuerte zudem seinen Vorwurf, der Oppositionsführer arbeite mit „Terroristen“ zusammen.

Kılıçdaroğlu warb am Samstag auf einer Kundgebung in Istanbul für einen Machtwechsel in der Türkei. Die amtierende Regierung bezeichnete er als autoritär. Der Oppositionskandidat will bei einem Sieg über Erdoğan das Land in ein parlamentarisches System zurückführen und verspricht eine „völlig andere Türkei“. Am Samstag sagte er: Ein demokratischer Regierungswechsel wäre auch ein „Geschenk an die Weltpolitik“ in der Türkei. Seit der Einführung des Präsidialsystems 2018 hat sich die Türkei in rasantem Tempo in eine Ein-Mann-Diktatur verwandelt.

Am 14. Mai wird gewählt

Nach 20 Jahren an der Macht in der Türkei scheint Erdoğans Wiederwahl unsicher. Umfragen sehen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen ihm und Kılıçdaroğlu. Der CHP-Politiker tritt als gemeinsamer Kandidat des sogenannten „Sechsertischs“ an, eine Allianz aus sechs Oppositionsparteien unterschiedlicher politischer Lager, und wird von der HDP und YSP unterstützt. Darin liegt auch der Vorwurf gegen Kılıçdaroğlu begründet, er würde mit „Terroristen“ zusammenarbeiten.

Kaum ein Politiker polarisiert so sehr wie Erdoğan. Immer wieder provoziert er mit derben Sprüchen und Verbalattacken, geht die Oppositionsparteien und Teile der Gesellschaft mit scharfer Rhetorik an. Im Wahlkampf äußerte er sich wiederholt LGBTIQ-feindlich und bezeichnete den ehemaligen HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş, der trotz eines gegenteiligen Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) seit 2016 im Gefängnis ist, als „Mörder“. Offensichtlich glaubt er, dass seine Argumente nicht überzeugend genug sind, und versucht politischen Rivalen durch Beschimpfungen und Verleumdung beizukommen.

Zudem deuten Erdoğan und Konsorten immer wieder an, dass sie eine Wahlniederlage nicht akzeptieren werden. „Mein Volk wird keinem Präsidenten, der durch die Unterstützung der PKK an die Macht gekommen ist, dieses Land übertragen“, sagte Erdoğan bei einer Rede am 1. Mai. Ähnlich äußerte sich sein Innenminister Süleyman Soylu, der für seine nationalistischen Verbalattacken bekannt ist. „Der 14. Mai ist ein politischer Putsch des Westens“, sagte Soylu Ende April bei einer Rede in Istanbul. Erdoğans Chefberater Mehmet Uçum ging sogar so weit zu behaupten, dass bei einem Regierungswechsel die Grenzen der Türkei nicht mehr sicher seien.

Ekrem Imamoğlu in Erzurum mit Steinen beworfen

Der Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoğlu brach unterdessen einen Auftritt in der Provinz Erzurum (ku. Erzîrom) ab. Er sei mit Steinen beworfen worden, dabei seien alle Scheiben des Wahlkampfbusses zerbrochen, teilte er mit. „Wir mussten das Gebiet zur Sicherheit unserer Bürger verlassen.“

Der Polizei warf Imamoğlu Untätigkeit vor; sie sei nicht eingeschritten, als aus einer etwa 200-köpfigen Gruppe mutmaßlicher Anhänger der amtierenden Regierungskoalition aus AKP und der rechtsextremen MHP Steine und Stöcke gegen ihn und das Fahrzeug geflogen seien. Imamoğlu von der CHP soll im Falle eines Wahlsieges von Kılıçdaroğlu dessen Vizepräsident werden. Zuvor bemängelte die Partei, dass Behörden versucht hätten, den Auftritt in Erzurum gezielt zu verhindern. Auf Videos ist zu sehen, dass der Kundgebungsplatz mit dutzenden Linienbussen und anderen kommunalen Fahrzeugen der AKP-geführten Stadtverwaltung zugeparkt war. Laut Imamoğlu wurden bei dem Angriff etwa zehn bis fünfzehn Personen verletzt.

ANF

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