Der Fachkräftemangel ist eines der größten Probleme der deutschen Wirtschaft. Aktuell fehlen bundesweit rund 633.000 qualifizierte Arbeitskräfte. Besonders groß ist die Lücke in der Sozialarbeit, bei Kinderbetreuung und in der Pflege – Berufe, in denen hauptsächlichen Frauen arbeiten, wie neue Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigen. Die Belastung auf das Personal wächst.
Am Weltfrauentag setzen sich weltweit Menschen für die Gleichstellung für Frauen und Männer ein. Der deutsche Arbeitsmarkt ist in diesem Punkt noch immer nicht ausgeglichen: Obwohl Jahr für Jahr mehr Frauen erwerbstätig sind, ist die Erwerbstätigenquote noch immer niedriger als bei Männern. Eine neue IW-Studie zeigt: Insbesondere in Berufen, in denen überwiegend Frauen arbeiten, ist der Fachkräftemangel ein Problem. Sechs der zehn Berufe, die mit den größten Fachkräftelücken kämpfen, sind klassische Frauenberufe.
Sozialarbeit, Pflege und Erziehung besonders betroffen
Die größten Lücken gibt es in Sozialarbeit und Sozialpädagogik, also beispielsweise in Kinderheimen, der Suchtberatung oder Jugendämtern. Für 80 Prozent der offenen Stellen gab es rechnerisch bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen, über 23.000 Fachkräfte fehlen. Groß ist die Lücke auch in der Kinderbetreuung und Erziehung: Hier können fast 74 Prozent der Arbeitsplätze nicht besetzt werden, weil passend ausgebildetes Personal fehlt. Mehr als 97 Prozent der Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, sind Frauen – mehr als in allen anderen Berufsgruppen. Durch die Lücke ergibt sich eine hohe Arbeitsbelastung. Ähnlich ist es in der Alten- und Krankenpflege: Hier sind rund 80 Prozent der Beschäftigten Frauen. Und es fehlen tausende Fachkräfte: Rund 35.000 von 43.000 offenen Stellen können nicht besetzt werden, weil es bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen gibt.
Geschlechterrollen müssen aufgebrochen werden
Es bleibt ein weiter Weg, um die Lücken zu schließen und damit die Arbeitsbelastung für Frauen – und Männer – zu verringern. So sollte möglichst früh in die berufliche Orientierung von Kindern- und Jugendlichen investiert werden. Geschlechterrollen müssen aufgebrochen und junge Menschen ermutigt werden, ihre berufliche Zukunft aufgrund ihrer Fähigkeiten und Interesse zu wählen. Wegen des demografischen Wandels ist es außerdem unverzichtbar, mehr qualifizierte Zuwanderer zu gewinnen. „Unternehmen müssen besser auf die Bedürfnisse von dem jeweils anderen Geschlecht eingehen“, sagt Studienautorin Lydia Malin. „Nur so können die Lücken etwas verringert werden. Dabei helfen eine gendergerechte Sprache und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“
Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. / 07.03.2023