Mehr als eine Woche ist es her, da bebte am frühen Morgen des 6. Februar erstmals die Erde im türkisch-syrischen Grenzgebiet. Mit einer Stärke von 7,7 war die Auswirkung heftig. Wenige Stunden später folgte ein zweites Erdbeben mit der Stärke 7,6. Seitdem wurden mehr als 2400 Nachbeben erfasst.
Offiziell lag die Zahl der bestätigten Todesopfer in beiden Ländern am Montagnachmittag (13. Februar) bei über 37.500. Doch zahlreiche Fachleute befürchten, dass noch viel mehr Tote zu beklagen sind. Sie gehen derzeit von mindestens 70.000 Todesopfern aus. Die türkische Opposition spricht sogar von mindestens 280.000 Toten im Land. Seit mehr als 24 Stunden hat die Regierung von Recep Tayyip Erdogan inzwischen keine aktualisierten Opferzahlen bekanntgegeben.
Viele Menschen sehen sich in ihrer Annahme bestätigt, dass das wahre Ausmaß der Katastrophe von Seiten der Regierung heruntergespielt wird. Schon kurz nach der Erdbebenserie hatte in Ankara reflexartig die Maschinerie des Abwiegelns, der Beschwichtigung und der Verschleierung eingesetzt – gerade hinsichtlich der Kritik, dass versäumt worden ist, rechtzeitige Vorkehrungen zu treffen, Hilfsgüter zeitig bereitzustellen und koordinierte Zivilschutzmechanismen in Gang zu setzen.
Allein in der Türkei sind insgesamt zehn Provinzen mit rund 13 Millionen Einwohnenden von der Erdbebenserie fatalen Ausmaßes betroffen. Zehntausende Menschen gelten noch immer als vermisst und werden unter den Trümmern ihrer Häuser vermutet, dennoch haben vielerorts bereits Aufräumarbeiten begonnen – und dass, obwohl es weiterhin Ortschaften gibt, die bis heute keine Hilfe erhalten haben und wo die Suche nach Überlebenden bis heute nicht angelaufen nicht. Man wolle sich auf die Versorgung der zahlreichen obdachlos gewordenen Überlebenden konzentrieren, so die jüngste Ansage aus Ankara.
Glaubt man den offiziellen Zahlen, wurden allein im türkischen Katastrophengebiet 108.000 Gebäude durch die Erdbebenserie beschädigt oder zerstört. Demgegenüber hat die Regierung bisher etwa 206.000 Zelte errichtet und 1,2 Millionen Menschen in Wohnheimen untergebracht – die Studierenden wurden kurzerhand auf die Straße gesetzt. Die Zahl der Überlebenden, die aus den verwüsteten Gebieten evakuiert wurden, gab Ankara zuletzt mit 400.000 an.