Spaßig-anarchisches Road-Movie – nicht nur für junge Wissenschaftsfans ein Riesenvergnügen!
Ulja ist 12 Jahre alt. Sie ist intelligent, eigensinnig und liebt die Wissenschaft. Doch ihre strenge Oma Olga sowie die Gemeinde, in der sie lebt, kann damit gar nichts anfangen. Als ein Asteroid, den Ulja entdeckt hat, bald auf der Erde landen soll, entscheidet sie sich, zum Ankunftsort in Belarus zu reisen. Ihr dicht auf den Fersen: Oma Olga und der Rest der Familie, der Pastor und die halbe Gemeinde. Mit jeder Menge lustiger Einfälle, witzigen Dialogen und einem Super-Ensemble macht dieses Road-Movie für Kinder auch der ganzen Familie einen Riesenspaß.
Von Beginn an bereitet der Kinder- und Jugendfilm, der in der Initiative „Der besondere Kinderfilm“ in der Regie von Barbara Kronenberg entstanden ist, dank seines schnellen und trockenen bis anarchischen Humors und der Lust auf außergewöhnliche Ideen ein riesengroßes Vergnügen. Ob Setting, Kostüme, Kamera, Montage oder Musik – das Konzept ist stimmig, rund und macht einfach gute Laune. Eingeführt werden die Zuschauenden durch die Erzählung von Ulja selbst, die Romy Lou Janinhoff mit stoisch entschlossener Miene als einzig rational denkende und handelnde Figur in einer unkontrolliert agierenden Gemeinschaft darstellt. Diese Perspektive auf Augenhöhe eines heranwachsenden Kindes funktioniert als Identifikation für viele junge Zuschauende wunderbar – dazu ist Ulja immer diejenige, die handelt und das Heft in die Hand nimmt. Das macht sie zu einer starken und emanzipierten Heldin, die mit dem Jungen Henk (liebenswert und natürlich: Jonas Oeßel) einen wirklich lustigen Sidekick an ihrer Seite hat. Und das Erwachsenenensemble, angeführt von Hildegard Schroedter als strenge und energische Oma sowie Luc Feit als Freikirchenpastor, der hinter dem Rücken der Gemeinde heimlich eigene Pläne verfolgt, hat augenscheinlich einen Riesenspaß an diesem unglaublich unterhaltsamen und immer wieder mit originellen Ideen überraschenden Road-Movie für junge Kinofans.
Jury-Begründung / Prädikat besonders wertvoll
Die FBW-Jury hat dem Film das Prädikat besonders wertvoll verliehen.
In einer konservativen Freikirchengemeinde aufzuwachsen kann schon ganz schön schwierig sein, besonders wenn man naturwissenschaftlich einiges auf dem Kasten hat. Irgendwo im Nordrhein-Westfälischen lebt Ulja Funk. Ulja ist in ihrer Klasse vielleicht nicht sonderlich beliebt, aber sie ist mega-intelligent. Immerhin hat sie den Aufschlagplatz eines Asteroiden vorausberechnet, etwas, das nicht einmal echte Forscher geschafft haben. Dummerweise will ihr kaum jemand glauben, weder ihre Eltern noch ihre Freikirchengemeinde und schon mal gar nicht das heimliche Familienoberhaupt, Oma Olga. Die ist sich nämlich ziemlich sicher, dass niemand ein Mädchen heiraten will, das schlauer ist als ein Mann. Und darum sorgt sie dafür, dass Uljas Computer und alles technische Equipment verschwindet. Aber von so etwas lässt Ulja sich nicht aufhalten.
Barbara Kronenberg hat ein genauso amüsantes wie spannendes Roadmovie auf die Leinwand gebracht, das – so viel sei vorweg genommen – auch der erwachsenen Jury sehr viel Vergnügen bereitet hat. Wenn man vom etwas überhasteten Einstieg absieht, dann ist MISSION ULJA FUNK etwas ganz Besonderes, was sehr schwer zu erreichen ist: eine rundum geglückte deutsche Familienkomödie.
Tatsächlich, so zeigte die Diskussion, hat der überdrehte, zu klamaukig inszenierte Auftakt die Jury zunächst ein wenig misstrauisch gemacht. Aber der anfänglichen Skepsis folgte ziemlich schnell das Gefühl angenehmster Unterhaltung. Ulja will zum berechneten Zeitpunkt am Absturzort ihres Kometen sein. Das Problem: Sie ist erst 12 und der Aufschlagpunkt liegt in Weißrussland. Aber wenn sich Ulja etwas in den Kopf gesetzt hat… Mit Köpfchen und reichlich Girlpower geht sie das Problem an. Sie überzeugt den 13jährigen Henk, sie zu fahren. Der kann zwar nicht viel, aber er versteht mit Autos umzugehen. Und so machen die Beiden sich im ausgedienten Leichenwagen auf den Weg nach Belarus. Ihnen immer auf den Fersen ist nicht nur Oma Olga, sondern auch die Kirchengemeinde mitsamt Pastor und natürlich Uljas Eltern.
Kirche, Wissenschaft, familiäre Bande, in MISSION ULJA FUNK kommt niemand wirklich ungeschoren davon. Aber – und das hat die Jury goutiert – der Film droht nie ins Zügellose abzugleiten. Gekonnt umschifft Barbara Kronenberg immer wieder die Klippen gängiger Klischees und bourgeoiser Filmkonventionen. Mit wirklich gut gesetzten Pointen schafft sie es, auch hartnäckige Vorurteile ins Gegenteil zu verkehren. Immer wieder nutzt sie kleine Twists, um mit leichter Hand mit gängigen Stereotypen und Voreingenommenheit aufzuräumen. Da werden polnische Drängler zu liebevollen, werdenden Vätern in spe und eine Gruppe Nonnen mutiert von der klerikalen Randerscheinung zur praktischen Helferinnengruppe in der Not.
Gewandt und mit viel Schwung führt Barbara Kronenberg die Zuschauer durch den Film. Dass ihr trotz immer neuer Wendungen die Zügel niemals aus der Hand gleiten, spricht für ihre Klasse. MISSION ULJA FUNK ist ein genauso frecher wie leidenschaftlicher Film, eine irrwitzige Komödie und ein Statement für Girlpower, dass seinesgleichen sucht. Ein spritzig-intelligentes Filmvergnügen, dem die Jury wirklich gerne das höchste Prädikat verleiht.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) / 09.01.2023
Bildschirmfoto: FBW