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Alevitische Proteste in der Türkei: Repression per „Sackgesetz“

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)

Frontalangriff auf ohnehin defizitäre Religionsfreiheit in der Türkei

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) verurteilt die Brutalität, mit der die türkische Polizei friedliche alevitische Proteste niedergeschlagen hat sowie die anhaltende Repression religiöser Minderheiten in der Türkei. Während der Demonstrationen in der türkischen Hauptstadt Ankara gegen ein sogenanntes „Sackgesetz“ (türkisch: Torba Yasası) wurden zahlreiche Protestierende durch Polizeigewalt verletzt. „Mit diesem Sammelsurium an neuen Regelungen versucht Präsident Recep Tayyip Erdoğan, das Alevitentum in der Türkei an den Rand zu drängen,” berichtet Tabea Giesecke, GfbV-Referentin für ethnische, religiöse und sprachliche Minderheiten und Nationalitäten. „Dabei wird ein falsches Bild des Alevitentums gezeichnet, welches der Religion den Status als eigenständige Glaubensgemeinschaft aberkennt. Es ist ein Frontalangriff auf die ohnehin schwache Religionsfreiheit im Land.“

Darüber hinaus wurde über Nacht eine Religionsbehörde namens „Präsidium für Aleviten, Bektaschi und Cemhäuser“ gegründet und im Ministerium für Kultur und Tourismus angesiedelt. Das Alevitentum wird dadurch zur Folklore oder gar Kunstform degradiert und nicht mehr als Religion behandelt. Ali Toprak, Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde in Deutschland, erklärt: „Wir sind eine eigenständige Religionsgemeinschaft. Die Türkei muss das endlich anerkennen! Dass das Alevitentum nach Erdogans Willen nicht mehr als Religion, sondern ausschließlich als Kultur anerkannt werden soll, ist eine eklatante Verletzung der Religionsfreiheit.”

Auch in Deutschland haben alevitische Gläubige und ihre Verbündeten gegen die türkische Politik demonstriert. Am vergangenen Samstag, den 12. November, kamen an der Deutzer Werft in Köln ungefähr 5.000 Protestierende zusammen. Europäische alevitische Vereine, neben Deutschland auch aus Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, den Niederlanden, der Schweiz, Schweden und Norwegen, waren bei der Demonstration anwesend. Auch der Bund der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland (BDAJ) hat sich beteiligt. „Wir fordern einen Stopp der Menschenrechtsverletzung gegenüber religiösen Minderheiten in der Türkei, welche durch Erdoğans Gesetz legitimiert werden”, insistiert Deniz Kaşal, Bundesvorsitzender des BDAJ.

Mit dem „Sackgesetz“ verfolge Erdoğan eine Politik der Unterdrückung. Religiöse Minderheiten würden marginalisiert und diskriminiert, findet Aynur Özcan, Mitglied der Diplomatiekommission der Alevitischen Union Europa e. V.: „Anstatt das Alevitentum zu verstaatlichen, sollte die türkische Regierung den jahrzehntelangen Forderungen der Aleviten, wie z. B. die Anerkennung der Cemhäuser als Gotteshäuser und die Beendigung der Teilnahmepflicht am sunnitischen Religionsunterricht in die Tat umsetzen.”

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) / 16.11.2022

Foto und Video: PIRHA

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