27 Jahre sind seit dem Verschwinden von Fehmi Tosun vergangen

Angehörige von Verschwundenen und der Menschenrechtsverein (IHD) Diyarbakır haben sich in der 714. Woche des Protestes „Lasst die Verschwundenen finden, lasst die Täter verurteilen“ erneut getroffen. Angehörige der Verschwundenen kamen vor dem Denkmal für das Recht auf Leben im Koşuyolu-Park im Bezirk Bağlar in Diyarbakır zusammen und trugen die Fotos ihrer verschwundenen Angehörigen bei sich. In dieser Woche erzählten Angehörige von Verschwundenen die Geschichte von Fehmi Tosun, der am 19. Oktober 1995 verschwunden war, und forderten, dass die Täter gefunden werden.

Nach Angaben der Agentur Mesopotamia wurde die Geschichte von Fehmi Tosun von Fırat Akdeniz, einem Mitglied der Vermisstenkommission des IHD in Diyarbakır, vorgetragen: „Fehmi Tosun, ein 35-jähriger Vater von 5 Kindern, lebte in dem Dorf Licok in Lice. In Lice und seinen Dörfern herrschte eine starke Unterdrückung, und sie waren Schauplatz von tausend und einer Form politischer Gewalt. Die Familie Tosun zahlte einen hohen Preis in diesem bedrückenden Umfeld. Die Familie Tosun war gezwungen, nach Istanbul auszuwandern, nachdem die Möglichkeit, in ihrem Dorf zu leben, zerstört worden war.

34 UD 597 NUMMERNSCHILD

Am Morgen des 19. Oktober 1995 frühstückte Fehmi Tosun mit seinem engen Freund Hüseyin Aydemir in dessen Haus in Avcılar. Die beiden Freunde verließen nach dem Frühstück gemeinsam das Haus und kehrten nicht mehr zurück. Am Abend wurde Fehmi Tosun in einem weißen Renault mit dem Kennzeichen 34 UD 597 von drei bewaffneten Männern in Zivil und mit Walkie-Talkies vor sein Haus gebracht. Als er mit diesen Leuten in den Garten des Hauses ging, rief er seiner Frau und seinen Kindern, die ihn sahen, zu: „Sie werden mich umbringen! Als sie zu Fehmi liefen, wurde er in das Auto gezwungen und mitgenommen. Auch Anwohner wurden Zeugen des Vorfalls.

Hanım Tosun ging sofort zur Avcılar Polizeiwache, erklärte, was passiert war, nannte das Kennzeichen des Autos, das ihren Mann entführt hatte, und bat um Hilfe. Die Polizeibeamten, die das Nummernschild überprüften und telefonierten, sagten: „Wir können nichts tun“. Hanım Tosun und die Menschenrechtsvereinigung haben alle Rechtsmittel ausgeschöpft und die zuständigen Regierungsstellen und die Öffentlichkeit auf den Fall aufmerksam gemacht. Die Verhaftung von Fehmi Tosun wurde jedoch nicht anerkannt, und man hat nie wieder etwas von ihm gehört.

NICHTVERFOLGUNG AUFGRUND VON VERJÄHRUNG

Als das innerstaatliche Recht zu keinem Ergebnis führte, wurde der Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gebracht. Im Jahr 2003 wurde der Fall abgeschlossen, und die Regierung legte dem EGMR eine Klageerwiderung vor, in der es hieß: „Unsere Regierung bedauert das Verschwinden von Fehmi Tosun. Es wird anerkannt, dass eine unvollständige Untersuchung des Verschwindens einer Person eine Verletzung von Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention darstellt“. Die AKP-Regierung, die die Verantwortung des Staates für die Verletzung des Rechts von Fehmi Tosun auf Leben in der EMRK anerkannt hat, ist jedoch ihrer Verpflichtung, eine wirksame Untersuchung im Fall Fehmi Tosun zu gewährleisten, nicht nachgekommen. Die Akte wurde mit einer Entscheidung über die Nichtverfolgung aufgrund von Verjährung geschlossen. Einwände gegen die Entscheidungen über die Nichtverfolgung wurden zurückgewiesen. Nachdem die Familie alle verwaltungsrechtlichen und gerichtlichen Rechtsmittel ausgeschöpft hatte, führte die Individualbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu keinem Ergebnis.“

Akdeniz wies darauf hin, dass seit dem Verschwinden von Fehmi Tosun 27 Jahre vergangen sind und dass es keine wirksame Untersuchung des Schicksals von Fehmi Tosun gegeben hat und sagte: „Wir fordern, dass der Staat seiner Verpflichtung nachkommt, unverzüglich eine wirksame Untersuchung des Schicksals von Fehmi Tosun durchzuführen, die Verantwortlichen für das Verbrechen zu identifizieren und sicherzustellen, dass sie bestraft werden. Egal, wie viele Jahre vergehen, wir werden nicht aufgeben, Gerechtigkeit für Fehmi Tosun und für alle unsere Vermissten zu fordern und daran zu erinnern, dass der Staat innerhalb der universellen Rechtsnormen handeln muss.“

Foto: MA