Wie steht es um die Berufsgesundheit der Beschäftigten in der Kinder- und Jugendhilfe und wie lässt sich deren Situation verbessern? Antworten gibt der Trendbericht „Zukunftsweisende Entwicklungen zwischen Lockdown und Knock-down. Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland“. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) hat den Bericht jetzt auf dem BGW forum „Sicher und gesund in der pädagogischen Arbeit“ vorgestellt.
Wachsende Ansprüche und steigende Belastung
Beim Blick auf die Branche zeigt sich: Die professionellen Anforderungen an Fachkräfte und Führungspersonal nehmen seit Jahren kontinuierlich zu. In Einrichtungen der Kindertagespflege ist beispielsweise mehr Kompetenz zur Sprachförderung gefragt. Expertinnen und Experten der BGW nehmen wahr, dass die Belastungen der Beschäftigten sich durch verhaltensauffällige Kinder und wachsende Ansprüche der Eltern erhöhen. Auch verbale und körperliche Angriffe auf Beschäftigte werden häufiger.
Obwohl angesichts gewachsener Anforderungen berufliche Weiterbildung immer wichtiger wird, ging pandemiebedingt der Anteil der Beschäftigten, die an einem entsprechenden Angebot teilgenommen haben, vom Jahr 2019 auf 2020 von 51 auf 39 Prozent zurück. Häufig wechselnde Corona-Regeln und der plötzliche Digitalisierungsschub forderten Beschäftigte zusätzlich. In Interviews zeigten sich Leitungen gleichzeitig enttäuscht über mangelnde öffentliche Aufmerksamkeit für diese Belastungen.
Häufiges Arbeiten unterhalb des Personalschlüssels
Prägend für die Kinder- und Jugendhilfe ist ein erheblicher Fachkräftemangel. BGW-Fachleute berichten, dass häufig unterhalb des Personalschlüssels gearbeitet werde, um den Tagesbetrieb aufrechtzuerhalten. Im Jahr 2020 sei es zudem schwerer gewesen neues Personal zu gewinnen, so die Erfahrung von Einrichtungsleitungen, denn pandemiebedingt seien persönliche Vorstellungsgespräche und Hospitationen nicht oder nur erschwert möglich gewesen. Der wachsende Bedarf an Fachkräften führt laut DIW Econ dazu, dass nur noch etwa halb so viele Beschäftigte Angst um ihren Arbeitsplatz haben wie im Jahr 2014. Die Zufriedenheit mit Einkommen und Arbeitssituation ist dabei relativ stabil, aber niedriger als bei anderen Berufsgruppen.
Wie in vielen Branchen hat auch in der Kinder- und Jugendhilfe die Corona-Pandemie verdeutlicht, wie wichtig es ist, mehr für die Berufsgesundheit der Beschäftigten zu tun. Führungskräfte berichten beispielsweise, dass die Corona-Hygienemaßnahmen sich positiv auf die Gesundheit ihrer Beschäftigten ausgewirkt haben. Eine positive Wirkung erreichen könnte zudem die gezielte Weiterbildung des Leitungspersonals. BGW-Expertinnen und -Experten verweisen darauf, dass gute Berufsgesundheit mit einer offensiven Auseinandersetzung mit den bestehenden Belastungen beginnt, vor allem im Austausch mit den Beschäftigten.
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) / 23.09.2022
Foto: BGW