Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mahnt Finanzminister Christian Lindner (FDP) mit Nachdruck, endlich mehr Geld in die Kinder- und Jugendhilfe sowie die kommunale Infrastruktur zu investieren. Die Finanzierung der Kinder und Jugendhilfe sei nach dem achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) auch Bundesaufgabe. „Eine gute frühkindliche Bildung und Alltagsstruktur sind für Kinder und Familien von zentraler Bedeutung. Kitas sind die Orte, an denen der Grundstein für Inklusion und Bildung der Kinder in Deutschland gelegt wird“, sagte Doreen Siebernik, GEW-Vorstandsmitglied Jugendhilfe und Sozialarbeit, am Montag in Frankfurt a.M. mit Blick auf die in dieser Woche im Rahmen der Haushaltsverhandlungen stattfindenden Gespräche. „Der Finanzminister muss beide Füße von der Bremse nehmen und entschlossen in die Kinder- und Jugendhilfe investieren, denn die Folgen der Überlastung der vergangenen Jahre sind hohe Krankheitsstände und eine sehr große Personalfluktuation. Es wird Zeit, dass die FDP ihre Wahlversprechen in Taten umsetzt und die beste Bildung für alle finanziell absichert.“ Es sei an der Zeit, die wichtige Arbeit in den Kitas zukunftsfähig aufzustellen und die Beschäftigten zu entlasten.
„Das ‚Gute-Kita-Gesetz‘ muss dringend zu einem echten Qualitätsgesetz weiterentwickelt werden. Dafür muss der Bund mehr Mittel als bisher bereitstellen und diese verstetigen“, betonte Siebernik. Zudem müssten Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen, um ein neues Konzept für die „Fachkräfteoffensive frühkindliche Bildung“ zu erarbeiten. Dieses solle ab 2023 umgesetzt werden. Dabei müssten Gewerkschaften und Träger mit eingebunden werden. Die GEW-Expertin machte sich zudem dafür stark, die Mittel für das Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ um mindestens 100 Millionen Euro jährlich aufzustocken, und diese Gelder langfristig sichern zu stellen. „Länder, Kommunen und Träger brauchen Planungssicherheit“, unterstrich Siebernik.
Sie machte zudem deutlich, dass aktuell zusätzlich tausende Kinder, die mit ihren Familien aus der Ukraine geflüchtet sind, in das Bildungssystem inkludiert werden müssten. Dabei hätten die Kitas eine „Schlüsselfunktion“: Hier könnten Kinder gemeinsam mit ihren Müttern und weiteren Bezugspersonen behutsam und unter Berücksichtigung physischer und psychischer Verletzungen inkludiert werden. Siebernik stellte klar, dass „die Kinder und Familien einen Rechtsanspruch auf Plätze in den Einrichtungen der Kinder und Jugendhilfe haben. Bildung, freie Entfaltung der Persönlichkeit, Schutz vor Krieg und die Begleitung durch Fachkräfte sind Grundrechte aller Kinder. Es ist deshalb dringend notwendig, die Kitas nachhaltig und schnell zu stärken, damit die Bewältigung dieser Herausforderung nicht zu Lasten der Kinder geht“, hob Siebernik hervor. „Dafür müssen bereits in 2022 zusätzliche Gelder bereitgestellt werden.“ Die zusätzlichen Aufgaben seien in vielen Kitas mit dem gegenwärtig vorhandenen Personal nicht zu stemmen. „Die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe benötigen zusätzliche Fachkräfte. Sowohl Expertise in asylrechtlichen Fragen und für Traumata als auch herkunftssprachliche Fachkräfte werden verstärkt gebraucht“, stellte das GEW-Vorstandsmitglied fest.
Info: Der Krieg in der Ukraine zwingt viele Kinder und ihre Familien, aus der Ukraine zu fliehen. Das UN-Kinderhilfswerk schätzt, dass seit Beginn des Krieges annährend zwei Drittel aller Kinder in der Ukraine aus ihrem Zuhause fliehen mussten. Die deutsche Zivilgesellschaft, die Kommunen, die Bundesländer und der Bund haben auf diese Fluchtbewegung solidarisch reagiert und organisieren die notwendige Unterbringung, Versorgung und Schutz der Geflüchteten. Die GEW unterstreicht die Notwendigkeit, die geflüchteten Kinder aus der Ukraine niedrigschwellig und unter Berücksichtigung der erlittenen physischen und psychischen Verletzungen schnell und unbürokratisch in die frühkindliche Bildungslandschaft der Bundesrepublik zu inkludieren. Dafür drängt sie in den laufenden Haushaltsverhandlungen auf zusätzliche Investitionen.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) / 25.04.2022
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