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Bericht sieht systematische Einschränkungen der Pressefreiheit

Griechenland

Reporter ohne Grenzen (RSF)

Unsichere Arbeitsbedingungen für Reporterinnen und Reporter, Behinderung von Recherchen über Verletzungen der Menschenrechte von Geflüchteten und missbräuchliche Klagen gegen Medienschaffende: In Griechenland wird die Pressefreiheit auf vielfältige Weise systematisch eingeschränkt. Zu diesem Schluss kommen Reporter ohne Grenzen (RSF) und Media Freedom Rapid Response (MFRR) in ihrem Bericht „Controlling the Message: Challenges for independent reporting in Greece“, den sie am Montag (28.03.) vorgelegt haben. Zugrunde liegt eine Online-Mission der beiden Nichtregierungsorganisationen im Dezember 2021, in deren Rahmen sie rund 30 Akteurinnen und Akteure der griechischen Medienlandschaft befragten.

RSF und MRFF kommen in dem knapp 30-seitigen, auf Englisch und Griechisch vorliegenden Bericht zu dem Schluss, dass die Unabhängigkeit der Medien und die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten in Griechenland systematisch gefährdet sind. Die Probleme sind zwar nicht einzigartig, aber schwerwiegender als in den meisten anderen EU-Mitgliedstaaten, was die beiden Partnerorganisationen für höchst problematisch halten.

Der Mord am Kriminalreporter Giorgos Karaivaz im April 2021 war ein Tiefpunkt für die Pressefreiheit in Griechenland. Er machte deutlich, wie gravierend die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten im Land gefährdet ist. Bis heute kommen die Ermittlungen offenbar nur langsam voran und sind zudem wenig transparent. Dies hat zu Misstrauen unter Griechenlands Medienschaffenden geführt, die bezweifeln, dass die Behörden fähig und willens sind, sie zu schützen.

Äußerst sensible Themen sind die Migrationspolitik der Regierung, insbesondere Pushbacks und andere Menschenrechtsverletzungen, die sie im Umgang mit Geflüchteten begeht, sowie die humanitäre Krise in vielen Aufnahmelagern. Die Berichterstattung über diese Themen wird immer schwieriger: Journalistinnen und Journalisten haben mit Hindernissen wie willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen, Zugangsbeschränkungen zu Geflüchtetenlagern, Überwachung und Schikanen zu kämpfen.

Ähnlich problematisch ist die Berichterstattung über Proteste. Reporterinnen und Reporter werden von Strafverfolgungsbehörden wie von Demonstrierenden aggressiv angegangen. Es fehlt der politische Wille, dafür zu sorgen, dass Journalistinnen und Journalisten sicher von Demonstrationen berichten können. In der Konsequenz werden die Berichterstattenden kaum angemessen geschützt.

Auch juristische Bedrohungen sind ein großes Problem für die Pressefreiheit in Griechenland, insbesondere strafrechtliche Verfolgung und strategische Klagen gegen die Beteiligung der Öffentlichkeit (SLAPPs). Die Gefahr von Selbstzensur ist hoch.

Im Ergebnis werden Nachrichten, die für die Regierung unbequem oder wenig schmeichelhaft sind, selbst Berichte über schwere Menschenrechtsverletzungen, in vielen Medien nicht veröffentlicht. Das macht es der Öffentlichkeit deutlich schwerer, an unabhängige Informationen zu gelangen und informiert am demokratischen Prozess teilzunehmen.

Die aktuellen Probleme der Pressefreiheit in Griechenland wurden geprägt durch die seit mehr als zehn Jahren anhaltende schwere finanzielle und politische Krise, in der sich die Haltung gegenüber dem Journalismus verhärtet hat. Seit dem Wahlsieg der liberal-konservativen Nea Dimokratia im Jahr 2019 hat sich die Lage der Pressefreiheit weiter verschlechtert. Mehrere Gesprächspartnerinnen und -partner auf der Mission kritisierten, die Regierung sei „besessen davon, die Kontrolle über den Informationsfluss zu behalten“, und kritische sowie abweichende Stimmen zu unterdrücken. Das Ergebnis ist eine tiefe politische Polarisierung und eine Zersplitterung der Medienlandschaft.

Angesichts dieser Erkenntnisse haben MFRR und RSF eine Reihe von Empfehlungen an die griechischen Behörden, die Europäische Union sowie die anderen EU-Mitgliedstaaten formuliert. Dazu gehört, den Mord an Giorgos Karaivaz restlos aufzuklären und alle Beteiligten zur Rechenschaft zu ziehen, generell Attacken auf Medienschaffende konsequent zu ahnden, Medien unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung gleich zu behandeln, im politischen Diskurs auf aggressive Rhetorik gegen die Medien zu verzichten und auf gesetzlicher Ebene höhere Hürden für SLAPPs einzuführen.

Das Projekt Media Freedom Rapid Response (MFRR) überwacht, dokumentiert und reagiert auf Verletzungen der Presse- und Medienfreiheit in den EU-Mitgliedstaaten und -Beitrittsländern. Es wird von einem Bündnis unter der Leitung des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) organisiert. Weitere Mitglieder sind Article 19, die Europäische Journalistenföderation (EJF), Free Press Unlimited (FPU), das Institut für Angewandte Informatik an der Universität Leipzig (InfAI), das International Press Institute (IPI) und CCI/Osservatorio Balcani e Caucaso Transeuropa (OBCT). Das Projekt besteht seit dem Jahr 2020 und wird von der Europäischen Kommission finanziert.

Reporter ohne Grenzen (RSF) / 29.03.2022

Logo: Reporter ohne Grenzen (RSF)

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