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Den Funken überspringen lassen

Als neuer Prorektor der Hochschule Aalen setzt sich Prof. Dr. Marcus Liebschner für eine vielfältige Lehre ein

Prof. Dr. Marcus Liebschner ist Elektrotechnikprofessor an der Hochschule Aalen und setzt sich als Prorektor für die Weiterentwicklung der Lehrformate ein. Aber auch die gute alte Tafel hat durchaus noch ihren Mehrwert. Fotohinweis: © Hochschule Aalen | Eva Stengel
Feuerzeugbenzin und die Auspuffblende vom VW Käfer – das Experiment aus dem Physikunterricht zu Hause nachzustellen, war dann doch keine so eine gute Idee. Vor allem, wenn die Experimente aus dem Ruder liefen und die Funken flogen. „Da brannte einem schon mal der Kittel“, erinnert sich Prof. Dr. Marcus Liebschner und fügt lachend hinzu: „Der Funke aus Physik ist sozusagen im wahrsten Sinne des Wortes auf mich übergesprungen. Wie es unser Lehrer geschafft hat, scheinbar trockenen Stoff anschaulich zu vermitteln, das war einfach klasse.“ Was gute Lehre bedeutet und wie man sie von der Theorie in die Praxis umsetzt – gerade auch in Zeiten von Corona – damit beschäftigt sich Liebschner nicht nur tagtäglich als Elektrotechnik-Professor an der Hochschule Aalen, sondern seit kurzem auch als neuer Prorektor für Lehre.

„Dass wir jetzt zum Sommersemester wieder verstärkt zur Präsenzlehre übergehen können und mehr Campusleben möglich sein wird, ist eine erfreuliche Entwicklung“, betont Liebschner. Denn schließlich lebten die Vorlesungen auch vom Miteinander und dem Austausch der Studierenden und Lehrenden. Dies könne man durch Online-Formate alleine nicht bedienen. Daher sei es ihm als neuer Prorektor für Lehre auch ein großes Anliegen, dass die Lehrenden und Studierenden, wieder an die Hochschule Aalen zurückkehren. „Die hybride Lehre hat uns in den vergangenen Semestern als Regler gedient und uns sehr gute Dienste geleistet, die Lehre aufrecht erhalten zu können“, sagt Liebschner, „und sie wird auch in Zukunft nicht mehr wegzudenken sein.“ Schließlich bringe sie viele Vorteile mit, insbesondere was die Flexibilität betreffe. „Jetzt freuen wir uns aber wieder auf mehr analoge Kontakte.“ Für einen guten Start ins Sommersemester 2022 und zur Abmilderung von möglichen pandemiebedingten Lernrückständen sei beispielsweise das „Campus Comeback Programm“ entwickelt worden. Dabei unterstützen Tutorinnen und Tutoren die Lehrenden, um den Studierenden eine noch intensivere Betreuung in Präsenz zu ermöglichen.

Überhaupt müsse man Lehre – auch jenseits von Corona – immer neu denken und entsprechende Formate entwickeln. „Die Vielfalt didaktischer Lehrmethoden zu fördern, darin sehe ich eine meiner Hauptaufgaben“, so Liebschner, für den digitale Konzepte genauso dazugehören wie die gute, alte Tafel. „Auch wenn die Tafel auf manche ein wenig altmodisch wirken mag, kann man sie auf einfache Art und Weise in die hybride Lehre einbinden und fördert damit auch die Interaktivität.“ Lehre ist für den 43-Jährigen eine intrinsische Motivation: „Ich freue mich daher sehr darüber, dass ich nun als Prorektor für Lehre die Rahmenbedingungen mitgestalten kann.“ Auch das Qualitätsmanagement sowie das Fördern des Gründerspirits, der Weiterbildungseinrichtungen der Hochschule und der MINT-Themen fallen in seinen Zuständigkeitsbereich. „Kinder und Jugendliche für MINT zu begeistern und die Themen rund um Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik mehr in der Gesellschaft zu verankern, ist mir eine Herzensangelegenheit“, betont der zweifache Familienvater. „Es ist wichtig, spielerisch und kreativ ranzugehen. Mit explorhino, der Kinder-Uni und unserem Schülerforschungszentrum haben wir die besten Voraussetzungen dafür.“

Seit zehn Jahren lehrt Liebschner an der Hochschule Aalen und war vor seiner Wahl zum Prorektor Dekan der Fakultät Elektronik und Informatik. Doch auch zuvor war die Hochschule keine „Unbekannte“ in seiner beruflichen Gleichung. Der Elektrotechniker ist sozusagen ein „Eigengewächs“. Nach der Schule macht er zunächst eine Ausbildung zum Kommunikationselektroniker Informationstechnik: „Nach der Ausbildung durfte ich die Azubis unter meine Fittiche nehmen, das war quasi mein erster Kontakt mit Didaktik und hat mir schon damals viel Spaß gemacht.“ Dass er später einmal als Professor vor Studierenden stehen würde, hätte er sich zu diesem Zeitpunkt nicht träumen lassen. „In meiner Familie hatte vor mir keiner studiert, deshalb hatte ich zunächst Bedenken“, erzählt Liebschner, dem es nach seinen eigenen Erfahrungen wichtig ist, Nichtakademiker-Kindern den Weg in ein Studium zu erleichtern. „Ich fand die Themen in meiner Ausbildung total spannend und wollte tiefer einsteigen. Also habe ich dann doch den Sprung ins kalte Hochschulwasser gewagt“, sagt Liebschner und lacht herzlich.

Die Entscheidung, an der Hochschule Aalen zu studieren, fiel schnell. „Ich war beim Tag der offenen Tür und fand es klasse, was hier alles geboten wurde“, erinnert sich Liebschner. Aber auch privat hatte er seine guten Gründe, ist der gebürtige Frankfurter doch seit frühester Kindheit mit der Ostalb verbunden. „Meine Mutter und die Mutter meiner Frau lagen gemeinsam auf der Geburtsstation eines Frankfurter Krankenhauses und haben sich angefreundet. Als bald darauf die andere Familie wieder zurück in ihre Heimat auf die Ostalb gezogen ist, blieb der Kontakt bestehen. Und bei den gegenseitigen Besuchen hat es irgendwann ziemlich gefunkt“, erzählt Liebschner mit einem breiten Grinsen. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und den beiden Kindern in Essingen. „Ich mag den Menschenschlag hier. Und der Freizeitwert der Ostalb ist auch einfach klasse“, findet der Radfahrer und leidenschaftliche Windsurfer.

Nach seinem Abschluss an der Hochschule Aalen sattelte Liebschner noch einen Forschungsmaster an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt drauf, für den er mit dem Kulturpreis Bayern der E.ON Bayern AG ausgezeichnet wurde, und promovierte an der Technischen Universität Ilmenau. Anschließend arbeitete er in verschiedenen Positionen bei Voith und war beispielsweise weltweit für die Lösung von Schadensfällen und Optimierungen zuständig. „Eine spannende Zeit. Da bin ich ganz gut rumgekommen.“ Parallel dazu übernahm er als Lehrbeauftragter eine Vorlesung an der Hochschule Aalen. „Das hat mir riesig Spaß gemacht, schon nach dem ersten Semester wollte ich Professor werden“, sagt Liebschner. Dass er nach einem Jahrzehnt an der Hochschule jetzt noch als Prorektor für Lehre gewählt worden sei, „ist das i-Tüpfelchen“. Überhaupt sei der Umgang mit Studierenden und den Raum dafür zu schaffen, dass jeder seine Potenziale entfalten könne, einfach bereichernd. „Lehren heißt, für etwas zu motivieren, zu begeistern“, sagt Liebschner und fügt verschmitzt hinzu: „Ich freue mich, wenn der Funke in der Lehre überspringt.“

Hochschule Aalen – Technik und Wirtschaft / 08.03.2022
Foto: Hochschule Aalen – Technik und Wirtschaft

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