Die europäischen Innenministerinnen und -minister haben sich gestern (Donnerstag) darauf geeinigt, Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine sofortigen Schutz in der EU zu gewähren und dafür die Aktivierung der Richtlinie über vorübergehenden Schutz beschlossen. Die EU-Kommission hatte einen entsprechenden Vorschlag vorgestern vorgelegt. Bei der Pressekonferenz mit dem französischen Innenminister Gérald Darmanin nach dem Treffen lobte EU-Innenkommissarin Johansson die Entscheidung. Die Ministerinnen und Minister hätten gezeigt, dass bei dem schwierigen Thema Migration einstimmige Beschlüsse möglich ist. „Die EU steht zusammen, um Leben zu retten!“, schrieb sie auf Twitter.
Richtlinie über vorübergehenden Schutz
Seit der Militärinvasion Russlands in der Ukraine sind mehr als hundertausende Menschen in benachbarte EU-Mitgliedstaaten geflohen. Die Richtlinie über vorübergehenden Schutz wurde speziell dafür konzipiert, Menschen in Not sofortigen Schutz zu gewähren und eine Überlastung der Asylsysteme der Mitgliedstaaten zu vermeiden.
Gemäß dem gestrigen Beschluss haben durch den Konflikt vertriebene ukrainische Staatsangehörige und Menschen, die in der Ukraine heimisch geworden sind, sowie ihre Familienangehörigen Anspruch auf Schutz in der gesamten Europäischen Union. Auch nicht-ukrainischen Staatsangehörigen und Staatenlosen, die sich rechtmäßig in der Ukraine aufhalten und nicht in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückkehren können, wie Asylsuchende oder Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt wurde, sowie ihren Familienangehörigen wird in der EU Schutz gewährt. Andere, die sich im Rahmen von Kurzaufenthalten in der Ukraine befinden und in der Lage sind, sicher in ihr Herkunftsland zurückzukehren, fallen nicht unter diesen Schutz. Dennoch sollte ihnen die Einreise in die EU und die Durchreise gestattet werden, bevor sie in ihre Herkunftsländer zurückkehren.
Angesichts der außerordentlichen und außergewöhnlichen Art dieses Angriffs und der großen Zahl an Neuankömmlingen in der EU bietet die Richtlinie über vorübergehenden Schutz eine angemessene Antwort auf die derzeitige Situation, durch:
- Sofortige Gewährung von Schutz und Rechten: Dazu gehören Aufenthaltsrechte, Zugang zum Arbeitsmarkt, Zugang zu Wohnraum, Sozialhilfe, medizinische oder sonstige Unterstützung sowie Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts. Für unbegleitete Kinder und Jugendliche begründet der vorübergehende Schutz das Recht auf gesetzliche Vormundschaft und Zugang zu Bildung.
- Verringerung des Drucks auf die nationalen Asylsysteme durch die Schaffung eines Schutzstatus mit reduzierten Formalitäten. Dadurch wird eine Überlastung der nationalen Asylsysteme vermieden und es den Mitgliedstaaten ermöglicht, die Einreisen unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte und internationalen Verpflichtungen auf geordnete und wirksame Weise zu bewältigen.
- Verstärkte Solidarität und gemeinsame Verantwortung: Die Bestimmungen der Richtlinie über vorübergehenden Schutz fördern eine ausgewogene Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme von Vertriebenen aus der Ukraine verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten. Die Kommission koordiniert eine „Solidaritätsplattform“, in deren Rahmen die Mitgliedstaaten Informationen über ihre Aufnahmekapazitäten austauschen können.
- Weitere Unterstützung durch die EU-Agenturen: Auf Ersuchen der Mitgliedstaaten können Frontex, die Asylagentur der Europäischen Union und Europol weitere operative Unterstützung leisten, damit eine reibungslose Durchführung dieses Beschlusses gewährleistet ist.
EU-Kommission / 04.03.2022
Foto: EU-Kommission