Die Verhaftung von Chalid al-Otaibi, einem ehemaligen Mitglied der saudischen Königsgarde, in Paris ist eine hervorragende Nachricht. Er steht im Verdacht, an der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul im Oktober 2018 beteiligt gewesen zu sein. Gegen al-Otaibi lag ein von der Türkei ausgestellter internationaler Haftbefehl vor. Reporter ohne Grenzen (RSF) hatte ihn bereits 2019 bei der Pariser Staatsanwaltschaft wegen Mordes, Folter und Verschwindenlassens angeklagt und wird schnellstmöglich erneut eine Anzeige stellen.
„Wir hoffen, dass nun endlich einer der mutmaßlichen Protagonisten im Mord an Jamal Khashoggi eine Aussage machen wird“, sagte RSF-Generalsekretär Christophe Deloire. „Bis jetzt hatten wir nur einen Scheinprozess hinter verschlossenen Türen in Saudi-Arabien und ein Verfahren in der Türkei, bei dem es außer Nebenfiguren keine Angeklagten gibt. Wir fordern die französische Justiz auf, Chalid al-Otaibi so lange in Frankreich zu behalten, wie es nötig ist, um seine Beteiligung an diesem Verbrechen aufzuklären.“
RSF hatte die Anzeige gegen al-Otaibi im Jahr 2019 absolut vertraulich behandelt, um die Chancen auf seine Verhaftung während eines Besuchs in Frankreich nicht zu schmälern. Die Pariser Staatsanwaltschaft hatte den Fall zwischenzeitlich eingestellt, da nicht abzusehen war, dass al-Otaibi nach Frankreich kommen würde. RSF wird das Verfahren nun so schnell wie möglich wieder aufnehmen und eine neue Strafanzeige einreichen.
Nach Ansicht von RSF deuten mehrere Indizien darauf hin, dass Chalid al-Otaibi zu dem Team gehörte, das Jamal Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul getötet hat. Zu den Indizien zählen der Bericht der damaligen UN-Sonderberichterstatterin Agnès Callamard, die Tatsache, dass er von Saudi-Arabien wegen seiner Rolle bei dem Mord verhaftet wurde, und die Tatsache, dass er von den Vereinigten Staaten als einer der Verdächtigen identifiziert wurde.
RSF hat zudem im März 2021 beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe Strafanzeige gegen den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, mehrere seiner Berater und weitere Vertreter des Königreichs wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingereicht. Die Anzeige beruft sich auf das Weltrechtsprinzip gemäß dem deutschen Völkerstrafgesetzbuch und bezieht sich neben dem Khashoggi-Mord auch auf die Fälle von 34 Medienschaffenden, die in Saudi-Arabien wegen ihrer journalistischen Tätigkeit willkürlich inhaftiert sind oder waren.
Die Anklage ist über 300 Seiten stark. Nach RSF-Informationen liegt sie noch immer zur Prüfung beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe. Ob er Ermittlungen einleitet, an deren Ende auch Haftbefehle stehen können, ist noch nicht entschieden. RSF behält sich vor, alle weiteren verfügbaren Rechtswege zu gehen, damit die Verantwortlichen für den Mord an Jamal Khashoggi benannt und verurteilt werden.
Auf der RSF-Rangliste der Pressefreiheit steht Saudi-Arabien auf Platz 170 von 180 Staaten.
Reporter ohne Grenzen (RSF) / 08.12.2021
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