Die Europäische Kommission hat Freitag einen Notfallplan für Lebensmittelversorgung und Ernährungssicherheit in Krisenzeiten angenommen. Aufgrund der COVID-19-Krise und wie in der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ angekündigt, möchte die EU die Koordinierung auf europäischer Ebene verstärken, um Lebensmittelengpässe in Krisenzeiten zu vermeiden. „Angesichts sich ändernder Risikofaktoren müssen wir auf künftige Krisen vorbereitet sein, die sich auf die Lebensmittelversorgung und die Ernährungssicherheit auswirken könnte“, erklärte der Kommissar für Landwirtschaft Janusz Wojciechowski. „Der heute vorgelegte Notfallplan gewährleistet die Vorsorge der EU und eine enge Koordinierung zwischen der EU, den Mitgliedstaaten sowie dem öffentlichen und privaten Sektor, um einseitige Entscheidungen zu vermeiden und ein effizienteres Krisenmanagement zu ermöglichen.“
Die für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zuständige Kommissarin, Stella Kyriakides, fügte hinzu: „Die Strategie ,Vom Hof auf den Tisch‘ ist unser Kompass auf dem Weg zu einem widerstandsfähigen und nachhaltigen Lebensmittelsystem, das unter allen Umständen funktioniert. Die außerordentliche Reaktion der EU auf die COVID-19-Pandemie zeigt, dass die Koordinierung zwischen allen Mitgliedstaaten, den EU-Institutionen und den wichtigsten Interessenträgern von entscheidender Bedeutung ist, um Notsituationen zu meistern.“
Der Notfallplan zeigt sowohl die allgemeine Widerstandsfähigkeit der Lebensmittelversorgungskette in der EU, als auch Schwachstellen auf. Außerdem schlägt er Maßnahmen zur Verbesserung der Vorsorge auf EU-Ebene vor. Zu diesem Zweck wird die Kommission einen Europäischen Mechanismus zur Krisenvorsorge und Krisenreaktion im Bereich der Ernährungssicherheit (EFSCM), d. h. eine von der Kommission koordinierte Gruppe von Experten zur Lebensmittelversorgungskette einrichten, um Daten und Verfahren auszutauschen und die Koordinierung zu verstärken.
Erkenntnisse aus der COVID-19-Krise
Die COVID-19-Krise hat die Widerstandsfähigkeit des Agrar-, Fischerei-, Aquakultur- und Lebensmittelsektors unter Beweis gestellt, dank der verhindert werden konnte, dass die Gesundheitskrise auch zu einer Ernährungskrise wurde. Zur Unterstützung dieser Sektoren hat die EU außergewöhnliche Maßnahmen ergriffen.
Im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) wurden beispielsweise Instrumente zum Ausgleich von Marktungleichgewichten oder zur Behebung von Liquiditätsproblemen der Erzeuger bereitgestellt. Um den Warenverkehr und die Freizügigkeit systemrelevanter Arbeitskräfte im Binnenmarkt zu gewährleisten, hat die Kommission darüber hinaus „Green Lanes“ eingerichtet und Leitlinien veröffentlicht, die eine enge Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten im Hinblick auf einen reibungslosen Grenzübertritt ermöglichen.
In der heute veröffentlichten Mitteilung wird anerkannt, dass in einigen Bereichen Verbesserungen erforderlich sind, um die Lebensmittelversorgung und die Ernährungssicherheit in Krisenzeiten weiterhin zu gewährleisten.
Der EU-Notfallplan für die Lebensmittelversorgung und Ernährungssicherheit
Angesichts der zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltzerstörung auf die Lebensmittelerzeugung sowie der Risiken im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit, Cyberbedrohungen oder geopolitischen Verschiebungen, die das Funktionieren der Lebensmittelversorgungskette gefährden, ist ein EU-Notfallplan für die Lebensmittelversorgung und Ernährungssicherheit wichtiger denn je.
Um die Vorsorge der EU zu verbessern, umfasst dieser Notfallplan einen kooperativen Ansatz zwischen allen öffentlichen und privaten Akteuren, die Teil der Lebensmittelversorgungskette sind. Aus dem privaten Sektor sind dies etwa Landwirte, Fischer, Aquakulturerzeuger, Lebensmittelverarbeiter, Händler und Einzelhändler sowie Transport- und Logistikunternehmer. Auch die europäischen, nationalen und regionalen Behörden werden in den Plan eingebunden.
Der Plan selbst wird im Rahmen des Europäischen Mechanismus zur Krisenvorsorge und Krisenreaktion im Bereich der Ernährungssicherheit (EFSCM) umgesetzt, der von der Kommission auf den Weg gebracht werden soll. Der EFSCM wird seine Arbeit auf eine Expertengruppe, in der Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedstaaten und einiger Drittländer von allen Stufen der Lebensmittelkette vertreten sind, und deren Geschäftsordnung stützen. Die Gruppe tritt regelmäßig und im Krisenfall sehr kurzfristig und so oft wie nötig zusammen.
Der Schwerpunkt wird auf spezifischen Aktivitäten und auf einer Reihe von Maßnahmen liegen, die zwischen Mitte 2022 und 2024 abgeschlossen werden sollen:
- Vorausschau, Risikobewertung und Überwachung: Verbesserung der Vorsorge durch Nutzung verfügbarer Daten (u. a. zu Wetter, Klima, Märkten); weitere Analyse der Schwachstellen und kritischen Infrastruktureinrichtungen der Lebensmittelversorgungskette
- Koordinierung, Zusammenarbeit und Kommunikation: Austausch von Informationen, bewährten Verfahren und nationalen Notfallplänen; Ausarbeitung von Empfehlungen zur Bewältigung von Krisen; Koordination und Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft
Hintergrund
Im Mai 2020 hat die Kommission die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und die Biodiversitätsstrategie angenommen. Mit diesen beiden sich gegenseitig verstärkenden Strategien, die als zentrale Elemente des europäischen Grünen Deals vorgestellt wurden, soll der Übergang zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen ermöglicht und den Hauptursachen für den Verlust an Biodiversität begegnet werden.
In der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ wurden mehrere Leitinitiativen, darunter der Notfallplan zur Gewährleistung der Lebensmittelversorgung und Ernährungssicherheit in Krisenzeiten und die Annahme eines Rechtsrahmens für nachhaltige Lebensmittelsysteme bis Ende 2023 angekündigt, um den Übergang zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem voranzutreiben.
EU-Kommission Vertretung Deutschland / 12.11.2021
Foto: EU-Kommission Vertretung Deutschland