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Hamburg bereitet sich mit Übung auf Masseninfektion an Bord eines Kreuzfahrtschiffes vor

Vorreiter im Seuchenschutz

Die Ergebnisse sollen künftig auch von anderen Häfen adaptiert werden können.

Was ist zu tun, wenn an Bord eines Kreuzfahrtschiffs mit Kurs auf Hamburg eine gefährliche Infektionskrankheit ausbricht? Wie können sich Behörden und Einsatzkräfte möglichst effektiv auf solche Szenarien vorbereiten? Schon deutlich vor dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie hatte das Hamburg Port Health Center (HPHC) mit weiteren Partnern ein wissenschaftliches Projekt gestartet, um diesen Fragen nachzugehen. Dabei werden Trainings- und Notfallkonzepte entwickelt, die am 14. und 15. Oktober 2021 während einer Übung im Cruise Center Steinwerder auf Praxistauglichkeit überprüft wurden. Erstmals kam dabei ein innovativer, digitaler Ansatz zur Vereinfachung der Triage zum Einsatz. Von dem Projekt profitiert nicht nur Hamburg: Die Ergebnisse sollen künftig auch von anderen Häfen adaptiert werden können.

Ziel des Projektes ARMIHN (Adaptives Resilienz Management im Hafen) ist die Verbesserung der Handlungsfähigkeit, wenn es zu einem Massenanfall von Erkrankten kommt. Als Hafenstadt ist es für Hamburg von Bedeutung, mit dem durch globale Handels- und Verkehrsbeziehungen jederzeit möglichen Eintrag unbekannter Infektionen so umzugehen, dass die Bevölkerung geschützt wird. Im Fokus des Forschungsprojekts stehen daher vor allem Schiffe mit vielen Menschen an Bord, wie zum Beispiel Kreuzfahrtschiffe. Passagiere und Besatzung können bei Landausflügen mit verschiedensten Erregern in Kontakt kommen und diese auf dem Schiff verbreiten. Außerdem stellen Kreuzfahrtschiffe ein mögliches Ziel für potenzielle terroristische Angriffe mit Biowaffen dar.

Um mit solchen infektiologischen Notfallsituationen umgehen zu können, wurden beispielhafte Szenarien mit betroffenen Akteuren analysiert und mögliche Auswirkungen auf die Bevölkerung abgeschätzt. Anschließend wurden adaptive Notfallkonzepte mit einem dazugehörigen Trainingskonzept entwickelt, welche im Rahmen von drei Stabsübungen auf Umsetzbarkeit und Kohärenz überprüft wurden.

Dr. med. Martin Dirksen-Fischer, Leiter des HPHC: „Großschadensereignisse im Hafen stellen Rettungskräfte vor besondere Herausforderungen. Die Anfahrtswege sind oft lang und unübersichtlich, die Einsatzorte teils aufgrund von Sperrgebieten und beengten Räumlichkeiten schwer zugänglich. Deshalb ist es essentiell, einen fundierten Plan mit allen Beteiligten zu entwickeln und zu testen, bevor der Ernstfall eintritt.“

Die Praxistauglichkeit des entwickelten Trainings- und Notfallkonzepts wurde am 14. und 15. Oktober 2021 in einer Übung im Cruise Center Steinwerder evaluiert. An der Übung waren unterschiedliche Akteure beteiligt, die im Ernstfall im Hafen zusammenarbeiten, darunter Hafenärztlicher Dienst, Feuerwehr und Rettungsdienst, Sozial- und Gesundheitsbehörden, Hamburg Port Authority, das Havariekommando, externe Firmen und Sicherheitspersonal. Hierbei wurden die Rettungswege vor Ort erprobt und die Vorbereitung der Räumlichkeiten im Terminal für die Aufnahme der Erkrankten simuliert.

Für Rettungskräfte und Gesundheitsbehörden ist es im Ernstfall entscheidend, zu erkennen, bei welchen Passagieren ein dringender Behandlungsbedarf besteht. Für diese schwierige Entscheidung wurde im Rahmen von ARMIHN ein neues Verfahren entwickelt. Ein Novum bei der Vollübung war daher der Einsatz einer IT-Innovation: Das medizinische Personal, das die Lage vor Ort einschätzt und über die weitere Behandlung entscheidet, wird durch eine neu entwickelte Technik bei der Entscheidung und Dokumentation unterstützt. Ein Triagierungsalgorithmus erlaubt dabei eine elektronisch abrufbare Übersicht über Anzahl und Zustand der infektiösen Patienten. Dadurch vereinfacht sich die Kommunikation aller Beteiligten und ermöglicht eine Planung und Koordination vorhandener Einsatzkräfte und -materialien. Dafür nutzen die Einsatzkräfte Tablet-PCs, die bereits heute von der Feuerwehr Hamburg zur papierlosen und schnellen Erfassung und Weitergabe von Informationen genutzt werden. Die darauf installierte Software wurde für die Übung um den neuartigen Algorithmus speziell für infektiologische Großschadenslagen ergänzt.

In allen drei vorangegangenen Stabsübungen wurden ähnliche Szenarien simuliert: Ein Schiff mit mehreren hundert Menschen an Bord befand sich auf dem Weg nach Hamburg, als eine zunächst unbekannte Infektionskrankheit ausbrach. Nun galt es, die Ankunft des Schiffes im Hamburger Hafen vorzubereiten: Gemeinsam mit dem Havariekommando wurden Rettungskräfte der Feuerwehr, die Polizei und weitere Beteiligte in Bereitschaft versetzt. Da das Havariekommando zwei Maritime Incident Response Groups (MIRG) zur medizinischen Betreuung und Lageerkundung an Bord absetzte, konnte die Lage an Land gezielt vorbereitet und übergeben werden. Gleichzeitig wurden Krankenhäuser und Hotels kontaktiert, um die Unterbringung von erkrankten und gesunden Personen sicherzustellen. Die medizinische Leitung im HU und das HPHC standen in enger Abstimmung und haben die erforderliche Laboranalytik definiert. Für schwerkranke Personen konnte bereits vor dem Anlegen im Hafen der Abtransport via Hubschrauber in nahegelegene Krankenhäuser organisiert werden. Auch Proben der Erkrankten konnten vorab von Bord geholt und zur Analyse ins Institut für Hygiene und Umwelt gebracht werden, um den Krankheitserreger zu bestimmen. Das Ziel der Stabsübungen war es vor allem, die Kommunikationswege der Akteure zu üben und Optimierungspotentiale aufzuzeigen.

Aufgrund des fortwährenden COVID-19-Pandemiegeschehens kamen die Teilnehmenden dabei nicht persönlich zusammen. Sie haben über eine digitale Übungsplattform Informationen ausgetauscht sowie virtuelle Besprechungsräume genutzt.

Das Projekt ARMIHN läuft seit 2019. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Neben dem HPHC des Instituts für Hygiene und Umwelt (HU) sind auch das Hamburger Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM) des Universitätsklinikum Eppendorf sowie die Klinik für Unfallchirurgie der Universitätsmedizin Greifswald als Verbundpartner beteiligt. Die technische Übungsplattform wurde von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) – Fakultät Life Sciences in Hamburg-Bergedorf entwickelt. Die Projektpartner bringen unterschiedliche Schwerpunkte ein – das Praxiswissen des Hafenärztlichen Dienstes aus Hamburg wird ergänzt von der wissenschaftlichen Kompetenz in Bezug auf den maritimen Schwerpunkt seitens des ZfAM und bei der Bewältigung von Großschadensereignissen seitens der Klinik für Unfallchirurgie der Universitätsmedizin Greifswald.

Die Ergebnisse des Projekts können nach entsprechender Adaptierung an die lokalen Verhältnisse zukünftig auch in anderen Häfen zur Anwendung kommen. Weitere Informationen zum Forschungsprojekt: www.armihn.de

Sozialbehörde / 15.10.2021

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