Heute hat der NABU im Zuge einer Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern der Kreuzfahrtreedereien AIDA, TUI, Hapag-Lloyd und MSC ermittelt, wie es um die Umwelt- und Klimabilanz der Branche bestellt ist. Dabei stellte der Umweltverband in Rechnung, dass es im Zuge der Corona-Pandemie zu erheblichen Einschränkungen und Verwerfungen auf dem Kreuzfahrtmarkt kam. Er verzichtete daher in diesem Jahr darauf, ein vollständiges Ranking der einzelnen Unternehmen zu erstellen, wie es in der Vergangenheit üblich war. Gleichzeitig erfordert der bisherige Mangel an belastbaren Klimaschutzstrategien weiterhin eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Tourismuszweig.
Leif Miller, Bundesgeschäftsführer des NABU: „Die Kreuzfahrtanbieter müssen sich nicht nur zum Pariser Klimaschutzabkommen bekennen, sondern diese Absichtserklärung auch mit konkreten Klimaschutzstrategien unterfüttern. Alles andere ist unglaubwürdig. Künftig wird der Druck auf die Branche nur höher, in immer kleineren Zeiträumen immer umfassendere Maßnahmen ergreifen zu müssen. Wer spätestens 2050 mit seiner gesamten Flotte emissionsfrei unterwegs sein will, muss heute den Grundstein dafür legen und in entsprechende Technologien investieren.“
Es sei erfreulich, dass zumindest die wichtigsten Anbieter auf dem deutschen Markt nun endlich erste Schritte in diese Richtung unternommen hätten. Die Umstellung auf alternative Antriebe und synthetische Kraftstoffe auf Basis von erneuerbarem Strom sei die zentrale Herausforderung für den Sektor und der Stand der Technik nach wie vor weitestgehend im Entwicklungsstadium. Hier könne die Kreuzfahrtbranche zu einem wesentlichen Technologietreiber für die Schifffahrt insgesamt werden.
Zugleich mahnten die Umweltschützer ein verschärftes Tempo an. Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg: „Auch wenn einzelne Pilotprojekte Anlass zur Hoffnung geben, müssen angesichts der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens deutlich schnellere Bemühungen der Kreuzfahrtbranche erfolgen.“ So habe etwa erfreulicherweise AIDA damit begonnen, Brennstoffzellen und Batteriepakete zu bestellen, beziehungsweise an Bord einbauen zu lassen. Auch MSC habe entsprechende Planungen angekündigt. Beide Reedereien machten im Zuge der Diskussion auch erstmals publik, dass sie sich mit solar- und windunterstützten Antrieben beschäftigten, um künftig emissionsfrei unterwegs sein zu können. Obwohl bis dato noch nicht final absehbar ist, welche Antriebskonzepte sich künftig in der Seeschifffahrt durchsetzen werden, betonten alle Akteure, dass am Ende kein Weg an synthetischen Kraftstoffen vorbeiführe.
Zudem werde Landstrom zunehmend bei TUI, AIDA, Hapag-Lloyd und MSC zum Standard. Entsprechend müsse jetzt politisch zügig die Weichenstellung für den Aufbau der hafenseitigen Infrastruktur erfolgen. Dabei sei dies nicht nur ein wichtiger Schritt zur CO2-Minderung, sondern trage auch erheblich zur Reduzierung der Luftschadstoffemissionen in den Hafenstädten bei. Gleichzeitig dürfe es nicht zu einer einseitigen Fokussierung auf Schiffsneubauten kommen. Gerade die Bestandsflotte müsse ebenfalls verstärkt in Richtung Emissionsminderung getrimmt werden.
Interessanter Weise schienen die Kosten für die Umstellung auf klimafreundliche Antriebe weniger das Problem zu sein, zumindest wurde dieser Punkt anders als in den Jahren zuvor nicht mehr von den Reedereien vorgebracht. Einigkeit bestand zwischen Anbietern und NABU allerdings darin, dass die Anstrengungen der Branche durch verbesserte politische Rahmenbedingungen unterstützt werden müssen, um emissionsfreien Antrieben zum Durchbruch zu verhelfen. Der Einbezug der Schifffahrt in den europäischen Emissionshandel, Vorgaben zur Effizienzsteigerung, eine Landstrompflicht sowie die geplante Anpassung der Energiesteuer-Richtlinie könnten hier aus Sicht des NABU zu einem echten Gamechanger für die Schifffahrt werden. Doch auch die nächste Bundesregierung ist gefordert, neben dem Eintreten für entsprechende Regelungen auf europäischer und internationaler Ebene, die Entwicklung der nötigen Antriebstechnologien durch nationale Förderprogramme zu flankieren.
NABU / 09.09.2021