Europäisches Parlament, EU-Staaten und Kommission haben am vergangenen Freitag eine vorläufige politische Einigung über die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) erzielt. Sie wird gerechter, umweltfreundlicher, stärker auf das Tierwohl ausgerichtet und flexibler. Ambitioniertere Umwelt- und Klimaziele im Einklang mit den Zielen des Grünen Deals sollen ab Januar 2023 umgesetzt werden. Die neue GAP wird auch eine gerechtere Verteilung der GAP-Mittel insbesondere auf kleine und mittlere landwirtschaftliche Familienbetriebe und Junglandwirte gewährleisten.
Auf der Grundlage einfacherer Vorschriften auf EU-Ebene wird jeder Mitgliedstaat einen Strategieplan zur Umsetzung der politischen Vorgaben in den nächsten fünf Jahren ausarbeiten. Dieser Plan wird es den Mitgliedstaaten ermöglichen, den lokalen Gegebenheiten Rechnung zu tragen und Leistung in den Vordergrund zu rücken.
Der Exekutiv-Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, erklärte dazu am Freitag: „Während der gesamten Verhandlungen hat sich die Kommission für eine neue Gemeinsame Agrarpolitik eingesetzt, die den Grünen Deal unterstützen kann. Die heute erzielte Einigung markiert den Beginn eines Paradigmenwechsels in der Art und Weise, wie wir in Europa Landwirtschaft betreiben. In den kommenden Jahren werden wir Feuchtgebiete und Torfmoore schützen, mehr landwirtschaftliche Flächen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt einsetzen, die ökologische Landwirtschaft fördern, dank der klimaeffizienten Landwirtschaft neue Einkommensquellen für die Landwirtinnen und Landwirte erschließen und beginnen, Ungleichheiten bei der Verteilung der Einkommensstützung zu beseitigen.“
Der EU-Kommissar für Landwirtschaft, Janusz Wojciechowski, sagte: „Ich freue mich, dass wir rechtzeitig vor der Umsetzung bis Anfang 2023 eine politische Einigung über eine neue GAP erzielt haben. Die neue GAP verbindet ehrgeizigere Umwelt-, Klima- und Tierschutzziele mit einer gerechteren Verteilung der Zahlungen, insbesondere an kleine und mittlere landwirtschaftliche Familienbetriebe und Junglandwirte. Ich zähle nun darauf, dass die Mitgliedstaaten ehrgeizige GAP-Strategiepläne ausarbeiten, die mit unseren Zielen im Einklang stehen und die richtigen Instrumente bereitstellen, um unsere Landwirtinnen und Landwirte beim Übergang zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem zu unterstützen.“
Eine fairere GAP
- Erstmals wird die GAP Bestimmungen zur sozialen Konditionalität enthalten, was bedeutet, dass die Begünstigten Elemente des europäischen Sozial- und Arbeitsrechts einhalten müssen, um GAP-Mittel zu erhalten.
- Die Umverteilung der Einkommensstützung wird obligatorisch. Die Mitgliedstaaten verteilen mindestens 10 Prozent zugunsten kleinerer Betriebe um, und müssen in ihrem Strategieplan ihre diesbezügliche Vorgehensweise beschreiben.
- Die Unterstützung für Junglandwirte (Landwirte bis 40 Jahre) im Rahmen der GAP wird einen neuen obligatorischen Mindestsatz von 3 Prozent des Einkommensstützungsbudgets der Mitgliedstaaten vorsehen. Dazu könnten Einkommensstützung, Investitions- oder Existenzgründungsbeihilfen für Junglandwirte gehören.
Eine umweltfreundlichere GAP
Die neue GAP wird den Übergang zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft mit ehrgeizigeren Klima-, Umwelt- und Tierschutzzielen unterstützen, und zwar durch die Umsetzung der nationalen Strategiepläne im Einklang mit dem Grünen Deal, der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und der Biodiversitätsstrategie. Außerdem werden neue Instrumente eingeführt, die zusammen mit der neuen Arbeitsweise effizienter und gezielter Leistung in den Bereichen Umwelt, Klima und Tierschutz ermöglichen:
- Kohärenz mit dem europäischen Grünen Deal: Die neue GAP wird die Umwelt- und Klimavorschriften der EU vollumfänglich integrieren. Die GAP-Strategiepläne werden zu den Zielen der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und der Biodiversitätsstrategie beitragen und aktualisiert werden, um den Änderungen der Klima- und Umweltvorschriften des europäischen Grünen Deals Rechnung zu tragen.
- Konditionalität: Die Mindestanforderungen, die die Begünstigten der GAP erfüllen müssen, um Unterstützung zu erhalten, sind nun höher gesteckt. So werden beispielsweise in jedem landwirtschaftlichen Betrieb mindestens 3 Prozent der Ackerflächen der biologischen Vielfalt und nichtproduktiven Elementen gewidmet, wobei die Möglichkeit besteht, diesen Satz mittels der Unterstützung aus Öko-Regelungen auf 7 Prozent anzuheben. Alle Feuchtgebiete und Torfmoore werden geschützt.
- Die Mitgliedstaaten werden dazu verpflichtet sein, Öko-Regelungen anzubieten. Mit diesem neuen freiwilligen Instrument werden Landwirtinnen und Landwirte für die Umsetzung klima- und umweltfreundlicher Verfahren (ökologische Landwirtschaft, Agrarökologie, integrierter Pflanzenschutz usw.) sowie für die Verbesserungen des Tierschutzes belohnt. Die Mitgliedstaaten müssen mindestens 25 Prozent ihres Einkommensstützungsbudgets für Öko-Regelungen bereitstellen, insgesamt 48 Mrd. Euro der Mittel für Direktzahlungen.
- Mindestens 35 Prozent der Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums werden Agrarumweltverpflichtungen zugewiesen, die Umwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen fördern.
- Der GAP-Haushalt muss einen erheblichen Teil der Gesamtausgaben der Union für den Klimaschutz ausmachen. Um eine realistische und robuste Berechnung zu gewährleisten, wird die Kommission bis 2025 einen neuen, differenzierten Ansatz vorschlagen, der über die bestehenden Methoden hinausgeht.
Eine flexiblere GAP
Mit der neuen GAP wird eine neue Arbeitsweise eingeführt, bei der jeder Mitgliedstaat einen nationalen GAP-Strategieplan entwirft, in dem beschrieben wird, wie die Ziele der GAP sowie die Ziele des Grünen Deals gemäß der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und der Biodiversitätsstrategie erreicht werden sollen.
Darüber hinaus konzentriert sich die neue GAP auf Leistung, und zwar durch
- einfachere Vorschriften auf EU-Ebene
- einen jährlichen Leistungsbericht, den die Mitgliedstaaten der Kommission ab 2024 vorlegen müssen, und der durch eine jährliche Überprüfungssitzung ergänzt wird
- Die Kommission wird die Leistung der GAP-Strategiepläne 2025 und 2027 überprüfen und erforderlichenfalls die Mitgliedstaaten auffordern, Maßnahmen zu ergreifen.
- eine Reihe gemeinsamer Indikatoren zur Überwachung der Umsetzung der GAP und zur Bewertung der Leistung der GAP-Strategiepläne
Stärkung der Position der Landwirtinnen und Landwirte in einem wettbewerbsfähigen Agrar- und Lebensmittelsektor
- Die neue GAP behält eine allgemeine Ausrichtung auf den Markt bei, der zufolge die landwirtschaftlichen Betriebe in der EU entsprechend den Marktsignalen arbeiten und gleichzeitig die Möglichkeiten nutzen, die sich aus dem Handel außerhalb der EU ergeben.
- Sie stärkt auch die Position der Landwirtinnen und Landwirte in der Lebensmittelversorgungskette, indem sie den Landwirtinnen und Landwirte mehr Möglichkeiten bietet, ihre Kräfte zu bündeln, unter anderem durch bestimmte Ausnahmen vom Wettbewerbsrecht.
- Eine neue Agrarreserve mit einer jährlichen Mittelzuweisung von mindestens 450 Mio. Euro wird eingeführt, um Markmaßnahmen in Krisensituationen zu finanzieren.
Nächste Schritte
Die neue GAP, die drei Verordnungen (horizontale Verordnung, Verordnung über die Strategiepläne und Verordnung über die gemeinsame Marktorganisation) umfasst, muss vom Europäischen Parlament förmlich gebilligt und vom Rat verabschiedet werden, bevor sie in Kraft treten kann.
Was die GAP-Strategiepläne betrifft, so müssen die Mitgliedstaaten ihre Entwürfe bis zum 31. Dezember 2021 vorlegen. Die Kommission hat dann sechs Monate Zeit, um die Pläne zu prüfen und zu genehmigen, die Anfang 2023 in Kraft treten.
Hintergrund
Die Kommission legte 2018 ihre Vorschläge für die GAP-Reform vor, um einen flexibleren, leistungs- und ergebnisorientierten Ansatz einzuführen, der den örtlichen Gegebenheiten und Erfordernissen Rechnung trägt und gleichzeitig die Nachhaltigkeitsziele auf EU-Ebene anhebt.
Das Europäische Parlament und der Rat einigten sich am 23. bzw. 21. Oktober 2020 auf ihre Verhandlungspositionen zur Reform der GAP, sodass die Triloge am 10. November 2020 beginnen konnten.
Die Kommission veröffentlichte im Mai 2020 die Strategie „ Vom Hof auf den Tisch“ und die Biodiversitätsstrategie .
EU-Kommission / 28.06.2021