In den letzten Monaten wurde im Geschäftsbereich Prüfung des Kunststoff-Zentrums SKZ eine umfassende Neustrukturierung durchgeführt. Ein bedeutender Schritt in dieser Umgestaltung war die Etablierung einer Expertengruppe für Sonderservices und Gutachten im Bereich Kunden- und Projektmanagement. Diese Maßnahme ermöglicht es, Kunden bei ihren Anliegen im Bereich der Schadensanalyse nun noch effektiver zu unterstützen und ihre Herausforderungen noch gezielter anzugehen. Mit welchen Fragestellungen werden die Experten in diesem Bereich hierbei täglich konfrontiert? Das SKZ gibt Antworten.
An Kunststofferzeugnisse werden diverse Anforderungen gestellt, die eine gewisse Lebensdauer voraussetzten. Hierzu zählen z. B. Produkte der Bau- und Automobilbranche oder Kunststoffe in der Medizintechnik. Kommt es hier zu vorzeitigen Schäden, kann dies oft teuer werden und im schlimmsten Fall zu Personenschäden führen. Daher ist es unerlässlich, eine systematische Untersuchung der Schadensursache vorzunehmen, um die Qualität stetig zu verbessern. Folgende Fragen sind bei einer ganzheitlichen Betrachtung des Schadens zu beantworten:
Was ist die Ursache für Rissbildung oder Bruch?
Hier geht es darum, die Ursachen für Anrisse, Brüche oder Deformationen in Kunststoffprodukten zu ermitteln. Dies kann auf Materialfehler, falsche Werkstoffauswahl bei der Bauteilauslegung, Herstellungsprozesse, Umgebungsbedingungen oder mechanische (Über)Belastungen zurückzuführen sein. Oft handelt es sich sogar um eine Kombination (Überlagerung) mehrerer Einzelfaktoren.
Welche chemischen Reaktionen oder Einflüsse haben zur Materialschädigung/-versprödung geführt?
Verschiedene Kunststoffe reagieren in der Regel unterschiedlich auf den Kontakt mit Medien. Dies kann beispielsweise zur Versprödung und damit zu Veränderung der Kunststoffeigenschaften führen. Eine erhöhte Schadenswahrscheinlichkeit oder eine verkürzte Lebensdauer des Bauteils wir dadurch begünstigt.
Warum tritt Verfärbung auf?
Verfärbungen von Kunststoffen können durch Faktoren wie z. B. chemische Reaktionen, Kontakt mit anderen Materialien oder Umweltbedingungen (z. B. Einlagerung von Ruß, Blütenstaub, etc.) verursacht werden. Die Fragestellung dreht sich hier i.d.R. um die Identifizierung der genauen Ursache anhand von mikroskopischen, aber auch analytischen Materialuntersuchungen.
Ist die Nutzungsdauer durch Umwelteinflüsse beeinträchtigt worden?
Kunststoffe können durch UV-Strahlung, Feuchtigkeit, Temperaturänderungen und andere Umwelteinflüsse beeinträchtigt werden. Dabei ist es oft wichtig, nicht nur die einzelnen Einflüsse zu identifizieren, sondern auch deren Wechselwirkung und damit den Einfluss auf die Nutzungsdauer des Kunststoffproduktes zu betrachten.
Welche Rolle spielen Fertigungsprozesse bei der Schadensentstehung?
Herstellungsprozesse wie Spritzguss, Extrusion oder andere Fertigungsverfahren können zum Teil einen signifikanten Einfluss auf die Qualität und Integrität von Kunststoffprodukten haben. Hierbei spielt z. B. die kunststoffgerechte Gestaltung/Konstruktion des Kunststoffprodukts eine sehr wichtige Rolle. Aber auch die Prozessführung (Prozessparameter wie Temperatur, Druck, Zykluszeiten etc.) kann die Qualität negativ beeinflussen. Bei der Schadensuntersuchung können über thermische und spektroskopische Analysemethoden oft Aussagen über die Vorgeschichte des Formteils und damit über mögliche Schwachstellen getroffen werden.
Sind Fremdkörper oder Verunreinigungen im Material vorhanden?
Fremdkörper oder Verunreinigungen können während der Herstellung oder Verarbeitung in Kunststoffe gelangen und damit zu Schwachstellen bzw. zum Schaden führen. Ziel der Schadensanalyse ist es herauszufinden, ob solche Fremdkörper vorhanden sind und wenn ja, wie sie den Schaden verursacht haben könnten.
Ist der Schaden altersbedingt oder durch Gebrauch verursacht worden?
Kunststoffe unterliegen einer natürlichen Alterung. Dies führt naturgemäß zu einer Verringerung bestimmter Materialeigenschaften und damit evtl. zum Schaden. Es ist aber bei der Schadensprävention immens wichtig zu identifizieren, ob der Schaden tatsächlich aufgrund von Alterungseffekten oder lediglich auf eine zu starke Beanspruchung zurückzuführen ist. Die Schadensanalyse konzentriert sich daher auf die Überprüfung bestimmter Materialeigenschaften, wie z.B. die Reststabilisierung des Werkstoffes, um später eine fundierte Aussage über die Schadensursache treffen zu können.
Ganzheitliche Betrachtung notwendig
„Die Schadensanalytik ist ein sehr komplexes und vielschichtiges Themengebiet, das aber unverzichtbar zur Sicherstellung von Qualität und Anwendungssicherheit unerlässlich ist“, sagt Alexander Ebenbeck, Vertriebsleiter des SKZ-Geschätsbereichs Prüfung. Prinzipiell müssten bei der Untersuchung eines schadhaften Kunststoffbauteils alle Faktoren, vom Werkstoff über den Herstellungsprozess bis hin zu den späteren Anwendungsbedingungen und Umgebungseinflüssen, untersucht werden. „Nur eine ganzheitliche Betrachtung aller gewonnen Untersuchungsergebnisse, aber auch die notwendige Erfahrung diese richtig zu interpretieren, lassen letztendlich eine qualifizierte Aussage zum Schadenshergang zu“, so Ebenbeck abschließend.
FSKZ e. V. / 13.10.2023
Foto: SKZ