in , , ,

Wie das Immunsystem DNA als Gefahr erkennt

Wissenschaftliches Kolloquium mit den Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preistragenden 2025

Von links nach rechts: Apl. Prof. Zoe Waibler (Kommissarische Vizepräsidentin Paul-Ehrlich-Institut), Apl. Prof. Stefan Vieths (Präsident Paul-Ehrlich-Institut), Prof. Glen Barber und Prof. Zhijian J. Chen. Quelle: Paul-Ehrlich-Institut
  • Der Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis 2025 geht an Prof. Andrea Ablasser, Prof. Glen Barber und Prof. Zhijian J. Chen für ihre Entdeckung des cGAS-STING-Signalwegs.
  • Der sogenannte cGAS-STING-Signalweg stellt einen zentralen Mechanismus der angeborenen Immunabwehr dar, um zu erkennen, wenn DNA bei Infektionen, Krebs oder zellulärem Stress in das Plasma einer Zelle gelangt.
  • Jeder der drei Preistragenden hat mit seinen Arbeiten maßgeblich zur Entdeckung und Aufklärung dieses Signalwegs beigetragen.

Mit dem Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis werden besondere Verdienste auf den von Paul Ehrlich vertretenen Forschungsgebieten gewürdigt. Dazu zählen die Bereiche Immunologie, Krebsforschung, Hämatologie, Mikrobiologie und Chemotherapie. Die Paul-Ehrlich-Stiftung verleiht den mit 120.000 Euro dotierten Preis jährlich an einen oder mehrere Forschende. Die Preisverleihung findet wie in jedem Jahr an Paul Ehrlichs Geburtstag, dem 14. März, in der Frankfurter Paulskirche statt. Traditionell lädt das Paul-Ehrlich-Institut den oder die Preistragenden zu einem Besuch des Instituts ein. Die Preisträger Prof. Glen Barber und Prof. Zhijian Chen sind dieser Einladung gefolgt und stellten ihre Forschung bei einem wissenschaftlichen Kolloquium im Paul-Ehrlich-Institut am Tag der Preisverleihung vor.

„Die Entdeckung und Erforschung des cGAS-STING-Signalwegs hat nicht nur unser Verständnis grundlegender immunologischer Prozesse erweitert, sondern auch wichtige Impulse für die biomedizinische Forschung gesetzt. Die Arbeiten der Preistragenden schaffen die Grundlage für innovative Therapien, die gezielt die körpereigene Immunabwehr modulieren – ein vielversprechender Ansatz für die Entwicklung neuer Arzneimittel gegen Infektionen, Krebs und entzündliche Erkrankungen“, betont apl. Prof. Stefan Vieths, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts.

Der cGAS-STING-Signalweg

Wenn doppelsträngige DNA (dsDNA) im Zellinneren an einem falschen Ort auftaucht – etwa im Zytoplasma – bedeutet das höchste Alarmstufe für den Körper. Solche DNA stammt entweder von Viren oder von geschädigten Zellen. Unser Immunsystem muss sofort reagieren. Wie die angeborene Immunabwehr diese Gefahr erkennt, war lange unklar. Die drei Preistragenden entdeckten zwischen 2008 und 2013 den dafür verantwortlichen Mechanismus und erforschen ihn seither immer weiter.

Der Virologe Glen Barber von der Ohio State University lieferte entscheidende Erkenntnisse zur Entdeckung von STING. In seinem Vortrag am Paul-Ehrlich-Institut veranschaulichte er, welche zentrale Rolle dieses Protein in der Immunabwehr spielt. Wenn z. B. aufgrund einer viralen Infektion DNA im Zytoplasma einer Zelle vorliegt, wird der Stimulator von Interferon-Genen (STING) aktiv. STING gibt dem Zellkern das Signal, spezielle Botenstoffe – die Interferone – herzustellen. Diese Interferone sorgen dafür, dass die infizierte Zelle und das umliegende Gewebe in Alarmbereitschaft versetzt werden und die Immunabwehr aktiviert wird.

Wie STING davon erfährt, dass dsDNA im Zellplasma aufgetaucht ist und vom Immunsystem als Gefahr erkannt wird, wurde im zweiten Kolloquiumsvortrag thematisiert. Der Biochemiker Zhijian „James“ Chen vom University of Texas Southwestern Medical Center in Dallas identifizierte das Enzym cGAS als zentralen Sensor, der das Auftauchen von DNA im Zytoplasma erkennt, und entschlüsselte seine molekulare Funktion. Der Sensor cGAS unterscheidet nicht zwischen fremder und eigener DNA. Das ist sinnvoll, weil eigene DNA normalerweise nur im Zellkern und in den Mitochondrien vorkommt – nicht im Zytoplasma. Wenn eigene DNA, zum Beispiel bei Krebserkrankungen, ins Zytoplasma gelangt, schlägt cGAS Alarm und aktiviert die Immunabwehr. Dieses System schützt vor Infektionen und Krebs, birgt aber auch Risiken: Wird cGAS fälschlich durch eigene DNA aktiviert, kann dies zu Autoimmunerkrankungen führen.

Die Medizinerin Andrea Ablasser von der École polytechnique fédérale de Lausanne wiederum hat die Bedeutung des cGAS-STING-Signalwegs für Infektionen, Krebsabwehr und Autoimmunerkrankungen weiter aufgeklärt. Mit zunehmendem Alter wird der cGAS-STING-Signalweg offenbar häufiger aktiviert – auch ohne Infektion. Solche sogenannten sterilen Entzündungen können vermutlich zur Entstehung von Herzschwäche, Diabetes und Autoimmunkrankheiten beitragen. Um dies zu verhindern, werden Wirkstoffe erforscht, die den Signalweg gezielt hemmen. 2018 gelang Andrea Ablasser mit ihrem Team die Synthese des ersten STING-Inhibitors (Hemmstoffs).

Umgekehrt wird auch untersucht, ob bestimmte Wirkstoffe, die den cGAS-STING-Weg aktivieren, dabei helfen können, Krebszellen besser zu bekämpfen.

Paul-Ehrlich-Institut / 14.03.2025

Foto: Paul-Ehrlich-Institut

What do you think?

4.7k Points
Upvote Downvote

Zeynep Bastık’tan Global Arena İçin Büyük Adım

Metabolik cerrahi ile Tip 2 diyabet tedavisi mümkün