Sommernachtsmärchen: Das erste Mal holte eine deutsche Basketball-Mannschaft Olympia-Gold. Ein historisches Ereignis in der Sport-Welt. Live mit dabei war BVO-Mitglied Nicole Vogel aus Quakenbrück und fieberte im nächtlichen Endspiel gemeinsam mit der deutschen Basketball-Legende Dirk Nowitzki mit den 3×3-Basketballerinnen mit. Doch wie kommt ein Osteopath zu den Olympischen Spielen?
Eine Bootsfahrt über die Seine. Der Eiffelturm zieht vorbei. Die fünf olympischen Ringe tauchen auf. „Das war einer meiner Magic Moments“, sagt Nicole Vogel, die seit über zehn Jahren in eigener Osteopathie- und Physiotherapie Praxis in Quakenbrück tätig ist. „Ich durfte bei der Eröffnungsfeier mit auf dem Athletenboot fahren. Das war eine ganz besondere Ehre und ein Moment, in dem ich realisiert habe: Die harte Arbeit hat sich ausgezahlt.“ Aber von vorn.
Wie kommt man als Osteopathin und Physiotherapeutin zum Profisport?
Nicole Vogel spielt selbst seit ihrem siebten Lebensjahr Basketball, aktuell in der zweiten Regionalliga beim TV Vörden. Mit dem Deutschen Basketball Bund (DBB) kam sie das erste Mal über den ehemaligen Trainer der zweiten Bundesliga-Herren-Mannschaft der Artland Dragons in Kontakt: „Er wurde damals zum Bundestrainer der männlichen U20-Nationalmannschaft benannt. Er sagte dem DBB: ‚Meine Physiotherapeutin bringe ich mit.‘ Und das war ich“, erinnert sich Nicole Vogel.
„Danach hat der DBB mich jedes Jahr wieder angerufen und gefragt, ob ich dabei sein möchte. So war ich letztendlich über viele Jahre die Chef-Physio der U20-Damen-Mannschaft.“ Bis dann 2019 noch einmal das Telefon klingelte – diesmal war es der 3×3-Disziplin-Chef Matthias Weber. „Er sprach davon, dass 3×3 durch die Decke gehen wird, das Ding olympisch sei und er mich gerne als Chef-Physio dabei hätte. Ich brauchte nicht lange überlegen und sagte ‚machen wir‘. Was für mich gleichzeitig bedeutete, nochmal die Schulbank zu drücken“, so Vogel.
Wie kommt eine Therapeutin zu Olympia?
Nicht jeder Physiotherapeut oder Osteopath kann Mitglied im therapeutischen Team einer Olympia-Mannschaft werden. Grundvoraussetzung für Physiotherapeuten ist eine Weiterbildung in Sportphysiotherapie. „Danach kann man sich bei der Trainerakademie in Köln für eine Ausbildung beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zum Sportphysiotherapeuten bewerben. Darüber hinaus ist es meiner Meinung nach gut, wenn man vielleicht selbst noch aktiv in dem Sport ist, den man betreuen möchte. Und auch bereits Erfahrungen durch die Arbeit mit diversen Sportlern bzw. Teams unterschiedlicher Sportarten im sporttherapeutischen Bereich gesammelt hat“, führt Nicole Vogel weiter aus.
Die DOSB-Plätze sind jedoch sehr begrenzt. Voraussetzung für eine Einladung zum Aufnahmetest ist eine bereits laufende Betreuung einer Nationalmannschaft, wobei zusätzlich ein Empfehlungsschreiben des eigenen Verbandes hilfreich ist.
„Diese Ausbildung beinhaltet vier Kurse, die im Block zu einer Woche gehalten werden, sowie eine Abschlussprüfung. Danach hält man seine DOSB-Sportphysio-Lizenz in Händen. Bei einer Qualifikation zu den Olympischen Spielen erfolgt die Nominierung zum therapeutischen Team über den Verband.“
Ab zu den olympischen Spielen – ab nach Paris!
Seit dem Anruf von Disziplin-Chef Weber 2019 nahm das Team um die 3×3-Basketballerinnen das Projekt „Olympia 2024“ in Angriff. „Es war von Anfang an klar, dass ich in Paris mein Team unterstützen werde“, so Vogel. Während die Quakenbrückerin also an den DOSB-Lehrgängen teilnahm, trainierte die 3×3-Damenmannschaft täglich am olympischen Stützpunkt in Hannover, um sich auf das große Ziel vorzubereiten.
„Um in Paris dabei zu sein, mussten wir den Weg der Qualifikation gehen. Dazu führte uns der Weg 2022 erst nach Japan, wo es leider nicht geklappt hat. Aber in Ungarn bei unserer zweiten Chance hat es geklappt und wir haben spektakulär in letzter Sekunde den Wurf getroffen und somit das Ticket für Paris gezogen. Die Freude war riesig und es fühlte sich einfach richtig gut an“, erinnert sich Nicole Vogel.
Welche Aufgaben erwarten olympische Therapeuten?
Angekommen in Paris waren die Aufgaben für Nicole Vogel klar, wie sie schmunzelnd erzählt: „Ich war das Mädchen für alles: Getränke mixen, Zahnschutz einpacken, Eisbox checken, Betreuertasche ready machen. Da ich selbst aktiv Basketball spiele, kann ich mich in die Situation der Spielerinnen gut hineinversetzen. Ich versuche immer zu motivieren, vorausschauend zu agieren und dabei Ruhe auszustrahlen. Parallel dazu habe ich während meiner Arbeit an der Bank geschaut, die Damen ganzheitlich zu behandeln, sodass die Vier die optimale Leistung bringen konnten.“
Während den Spielen war die Therapeutin hochkonzentriert im Einsatz. Sie saß während der Spiele direkt hinter der Bank, stets dicht dran am Geschehen und immer bereit für einen eventuellen Einsatz. „Es ist ja eine sehr dynamische, schnelle Sportart. Zum Glück hat sich keine verletzt und ich konnte alle Spiele mehr oder weniger entspannt von meinem Platz aus verfolgen“, berichtet die Sportphysiotherapeutin.
Zum großen Erfolg spielte sicherlich auch die Anwesenheit des besten deutschen Basketballspielers eine kleine Rolle. Am Finaltag sichteten Nicole Vogel und das 3×3-Team Dirk Nowitzki als Zuschauer in der ersten Reihe. „Das hat uns allen natürlich noch mal einen Riesen-Push gegeben. Die Ladies sind auf einmal höher gesprungen, schneller gelaufen… Es war mehr Energie da“, erinnert sich Nicole Vogel. Belohnt wurden alle mit der ersten olympischen Gold-Medaille in einer Basketball-Disziplin. „So haben wir unser eigenes Sommermärchen geschrieben.“
Bundesverband Osteopathie e.V. – BVO / 08.10.2024
Foto: BVO