Nichts kann die schrecklichen Angriffe rechtfertigen, denen Israel am vergangenen Wochenende ausgesetzt war. Unser Mitgefühl gilt den Menschen, die Familienangehörige verloren haben oder krank vor Sorge um ihre Angehörigen sind, die als Geiseln genommen wurden. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) wiederholt damit seine Forderung nach ihrer sofortigen Freilassung und steht für humanitäre Besuche bereit. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) unterstützt diese Forderungen ausdrücklich. Aber diese Angriffe können nicht als Rechtfertigung für eine grenzenlose Zerstörung des Gazastreifens dienen. Die handelnden Akteure müssen ihre rechtlichen Verpflichtungen hinsichtlich der Methoden und Mittel der Kriegsführung einhalten.
Die Aufforderung der israelischen Behörden an die Zivilbevölkerung von Gaza-Stadt, ihre Häuser sofort zu verlassen, ist in Verbindung mit der vollständigen Belagerung, bei der den Menschen ausdrücklich Nahrung, Wasser und Strom verweigert werden, nicht mit dem humanitären Völkerrecht vereinbar.
Wenn Militärmächte die Zivilbevölkerung anweisen, ihre Häuser zu verlassen, müssen alle nur erdenklichen Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass die Bevölkerung Zugang zu den Grundbedürfnissen wie Nahrung und Wasser hat und dass die Mitglieder einer Familie nicht getrennt werden.
Der Gazastreifen ist ein geschlossenes Gebiet mit begrenzter Größe und begrenzten Ressourcen. Die Menschen können nirgendwo sicher hingehen, und viele, darunter behinderte, ältere und kranke Menschen, werden ihre Häuser nicht verlassen können. Das humanitäre Völkerrecht schützt alle Zivilisten, auch diejenigen, die in einem Kampfgebiet zurückbleiben. Heute können die Menschen im Gazastreifen nicht wissen, welche Gebiete als nächstes angegriffen werden.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ist dabei, die lebensrettende Hilfe zu verstärken. Die Teams der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung benötigen jedoch Kampfpausen, um sicher und effektiv arbeiten zu können. Angesichts der militärischen Belagerung können die humanitären Organisationen, darunter auch das IKRK, eine Evakuierung der Menschen im Gazastreifen von einem solchen Ausmaß nicht ausreichend unterstützen. Der Bedarf an Unterstützung ist gewaltig, und die humanitären Organisationen müssen in der Lage sein, ihre Hilfsmaßnahmen zu verstärken.
Das IKRK-Büro in Gaza-Stadt erhielt die gleiche Anweisung zum Verlassen der Gebiete wie andere internationale Organisationen. Das IKRK und das DRK sind in großer Sorge um unsere Kolleginnen und Kollegen in Gaza und ihre Familien. Wir werden weiterhin alles in unserer Macht Stehende tun, um den Menschen in Gaza humanitären Schutz und Hilfe zu bieten.
„Unsere Gedanken sind bei den Menschen vor Ort, den Opfern und ihren Angehörigen. Die Sicherheit der Zivilbevölkerung ist unsere größte Sorge”, sagt Christian Reuter, Generalsekretär des Deutschen Roten Kreuzes. „Als Mitglied der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung ist es unsere Aufgabe, Hilfe allein nach dem Maß der Not zu leisten. Deshalb appellieren wir an alle handelnden Akteure gleichermaßen, diese Hilfe zu ermöglichen und das humanitäre Völkerrecht zu achten.”
Deutsches Rotes Kreuz e.V. / 13.10.2023
Foto: © Mohammed Abed/AFP