Schengen-Visumverfahren werden künftig vollständig digitalisiert. Darauf haben sich gestern Europäisches Parlament und Rat geeinigt. Die vereinbarten Vorschriften modernisieren, vereinfachen und vereinheitlichen durch Digitalisierung die Visumverfahren für Drittstaatsangehörige, die ein Visum beantragen, ebenso wie für Mitgliedstaaten, die diese Visa erteilen.
EU-Innenkommissarin Ylva Johansson begrüßte die politische Einigung und betonte: „Sicherheit und Effizienz muss in unserem Visumsystem Priorität haben. Mit der Einführung einer digitalen Visummarke und einer Online-Antragsplattform können wir beides garantieren. Die vereinbarte Verordnung wird dazu beitragen, Betrug zu bekämpfen, uns vor Fälschungen zu schützen und das Verfahren zu vereinfachen – davon profitieren sowohl Reisende als auch die Europäische Union.“
Verfahren derzeit papierlastig und kostenaufwendig
Derzeit sind die Visumverfahren für den Schengen-Raum nach wie vor sehr papierlastig und damit sowohl für Reisende als auch für die Mitgliedstaaten kostenaufwendig. Die Antragsverfahren für Schengen-Visa unterscheiden sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat, und nur in sehr wenigen von ihnen sind sie teilweise digitalisiert. Bei physischen Visummarken ist die Gefahr von Fälschungen, Betrug und Diebstahl höher – diese Risiken werden durch digitale Visa erheblich gemindert.
Die Verordnung zielt auf die Modernisierung zweier zentraler Aspekte des Visumverfahrens ab: die Digitalisierung der Visummarke und die Digitalisierung des Visumantrags durch die Einrichtung einer EU-Online-Visumantragsplattform (EU-VAP).
Die neue EU-Verordnung sieht insbesondere Folgendes vor:
- eine einheitliche EU-Online-Visumantragsplattform, über die Antragsteller online ein Schengen-Visum beantragen können – bei für alle Länder einheitlicher Visumgebühr, unabhängig davon, welches Schengen-Land sie besuchen möchten.
- Die Online-Visumantragsplattform wird im Einzelnen:
- den Antragstellern ein sicheres Konto zur Verfügung stellen, über das sie online ihren Antrag stellen und die Entscheidung über ihren Antrag erhalten können,
- Antragstellern aktuelle Informationen über Schengen-Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt sowie alle zweckdienlichen Informationen zu den Anforderungen und Verfahren (beispielsweise zu Belegen, der Visumgebühr oder Notwendigkeit eines Termins zur Erfassung biometrischer Identifikatoren) liefern,
- automatisch bestimmen, welches Schengen-Land für die Prüfung eines Antrags zuständig ist, wenn der Besuch mehrerer Mitgliedstaaten geplant ist,
- eine Chatbot-Funktion enthalten, um Fragen von Antragstellern benutzerfreundlich zu beantworten.
- Die Online-Visumantragsplattform wird im Einzelnen:
- den Ersatz der Schengen-Visummarke durch ein digitales Schengen-Visum (verschlüsselter 2D-Strichcode), das auch für Visa für den längerfristigen Aufenthalt gelten wird. Es wird auch von EU-Ländern ausgestellt, die die Schengen-Vorschriften noch nicht vollständig anwenden (Bulgarien, Rumänien, Zypern),
- einen Übergangszeitraum von sieben Jahren für die Mitgliedstaaten, um die Plattform zu übernehmen.
Nächste Schritte
Die Verordnung muss nun vom Europäischen Parlament und vom Rat förmlich angenommen werden.
Hintergrund
Das von der Kommission im September 2020 vorgeschlagene neue Migrations- und Asylpaket sieht vor, die Visumverfahren vollständig zu digitalisieren. Dazu werden digitale Visa erstellt und Visumanträge online eingereicht. Darüber hinaus wurde in der im Juni 2021 vorgelegten Schengenstrategie die Digitalisierung von Visumverfahren und Reisedokumenten als entscheidender Baustein aufgeführt, um ein wirksames Management der EU-Außengrenzen zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang hat die Kommission am 27. April 2022 einen Legislativvorschlag zur Digitalisierung des Visumverfahrens vorgelegt.
EU-Kommission / 14.06.2023
Foto: EU-Kommission