Die EU-Kommission hat ein neues Maßnahmenpaket vorgelegt, um auf der EU-Agenda für ein nachhaltiges Finanzwesen aufzubauen und diese zu stärken. Der Übergang zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft bis 2050 bietet neue Chancen für Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern in der gesamten EU. Das wachsende Volumen nachhaltiger Investitionen zeigt, dass bereits viele Unternehmen und Investoren einen nachhaltigen Weg eingeschlagen haben. Allerdings stehen sie bei diesem Übergang auch vor Herausforderungen, insbesondere wenn es darum geht, neuen Offenlegungs- und Meldepflichten nachzukommen. Finanzkommissarin Mairead McGuinness sagte: „Das Fundament des Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen steht. Jetzt gilt es, darauf aufzubauen. Heute gehen wir neue Schritte, um die EU-Taxonomie weiterzuentwickeln. Und wir sorgen für mehr Transparenz und Integrität auf dem Markt, indem wir die Tätigkeit von ESG-Ratingagenturen regeln. Unsere oberste Priorität ist es, die Nutzbarkeit und Kohärenz des Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen zu verbessern. Außerdem müssen wir das gesamte Potenzial der Nachhaltigkeitsfinanzierung erschließen, damit alle Unternehmen – egal, wo sie heute stehen – adäquate Instrumente und Unterstützung für ihre Nachhaltigkeitswende erhalten können.“
Valdis Dombrovskis, Exekutiv-Vizepräsident für Wirtschaft fügte hinzu: „Die EU hat im Laufe der Jahre für ein nachhaltiges Finanzwesen eine Menge bewirkt. Heute gehen wir einen weiteren Schritt, um das regulatorische Umfeld zu vollenden und so die dringend benötigten Investitionen für ein nachhaltiges Wachstum zu unterstützen. Wichtig ist, dass die Vorschriften und Instrumente kohärent, benutzerfreundlich und praxistauglich sind. Zugleich wollen wir sicherstellen, dass alle Unternehmen Finanzierungsmittel erhalten können, um in die Nachhaltigkeitswende zu investieren. Dies ist auch wichtig, um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen und der europäischen Wirtschaft zu steigern und den Klimawandel zu bekämpfen.“
Zusammenfassung der Vorschläge
Mit dem heute vorgelegten Paket soll sichergestellt werden, dass die EU-Agenda für ein nachhaltiges Finanzwesen weiterhin die Unternehmen und den Finanzsektor unterstützt und gleichzeitig die private Finanzierung von Übergangsprojekten und -technologien fördert. Insbesondere nimmt die Kommission heute zusätzliche Tätigkeiten in die EU-Taxonomie auf und schlägt neue Vorschriften für Anbieter von Umwelt-, Sozial- und Governance-Ratings (ESG-Ratings) vor, die die Transparenz auf dem Markt für nachhaltige Investitionen erhöhen werden. Mit dem Paket soll sichergestellt werden, dass der Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen Unternehmen zugutekommt, die in ihren Übergang zur Nachhaltigkeit investieren wollen. Zudem soll das Paket die Nutzung des Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen erleichtern und dabei weiterhin einen wirksamen Beitrag zu den Zielen des europäischen Grünen Deals leisten.
Das Paket im Einzelnen:
Delegierte Verordnungen zur EU-Taxonomie
Die EU-Taxonomie ist ein Eckpfeiler des EU-Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen und ein wichtiges Instrument für Markttransparenz, das Direktinvestitionen in die Wirtschaftstätigkeiten unterstützt, die für den ökologischen Wandel am dringendsten benötigt werden.
Die Kommission hat heute eine Reihe neuer EU-Taxonomiekriterien für Wirtschaftstätigkeiten grundsätzlich genehmigt, die einen wesentlichen Beitrag zu einem oder mehreren der nicht klimabezogenen Umweltziele leisten:
- nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
- Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
- Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung,
- Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.
Ergänzend hat die Kommission gezielte Änderungen am delegierten Rechtsakt zur EU-Klimataxonomie angenommen. Das Spektrum der Wirtschaftstätigkeiten, die zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen und bisher nicht unter die Taxonomie fielen, wird erweitert. Insbesondere im Bereich des verarbeitenden Gewerbes und im Verkehrssektor. Durch die Berücksichtigung weiterer Wirtschaftstätigkeiten, die alle sechs Umweltziele abdecken, werden noch mehr Wirtschaftszweige und Unternehmen in die EU-Taxonomie einbezogen. So kann sie noch besser genutzt werden und ihr Potenzial für eine Ausweitung nachhaltiger Investitionen in der EU wächst.
Die Kriterien stützen sich weitgehend auf die im März und November 2022 veröffentlichten Empfehlungen der Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen. Die Kommission hat zudem Änderungen am delegierten Taxonomie-Rechtsakt der EU über die Offenlegungspflichten angenommen, um die Offenlegungspflichten mit Blick auf die zusätzlichen Tätigkeiten zu präzisieren.
Vorschlag für eine Verordnung über Anbieter von ESG-Ratings (Umwelt, Soziales und Governance)
ESG-Ratings spielen auf dem EU-Markt für nachhaltige Finanzierungen eine wichtige Rolle, da sie Anlegern und Finanzinstituten Informationen über Anlagestrategien, Risikomanagement und interne Analysen liefern. Sie werden auch von bewerteten Unternehmen genutzt, die sich einen besseren Überblick über ihre Konkurrenz verschaffen wollen und die mit ihren Tätigkeiten verbundenen Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen vergleichen möchten.
Am ESG-Ratingmarkt mangelt es derzeit an Transparenz. Die Kommission schlägt daher eine Verordnung vor, um die Zuverlässigkeit und Transparenz von ESG-Ratings zu verbessern. Neue organisatorische Grundsätze und klare Regeln zur Vermeidung von Interessenkonflikten werden für mehr Integrität hinsichtlich der Tätigkeiten von ESG-Ratinganbietern sorgen.
Diese neuen Vorschriften werden Anleger in die Lage versetzen, in Bezug auf Nachhaltigkeitsziele fundiertere Investitionsentscheidungen zu treffen. Darüber hinaus ist in dem Vorschlag vorgesehen, dass Anbieter von ESG-Ratings, die Anlegern und Unternehmen in der EU Dienstleistungen anbieten, von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) zugelassen und beaufsichtigt werden müssen. Dadurch wird auch die Qualität und Verlässlichkeit ihrer Dienstleistungen gewährleistet, sodass die Investoren geschützt sind und die Marktintegrität gewahrt bleibt.
Verbesserung der Nutzbarkeit
Die Kommission legt heute außerdem einen Überblick über die jüngsten Maßnahmen und Instrumente vor, die vorgeschlagen wurden, um die zentralen Aspekte der Umsetzung und die von den Interessenträgern aufgeworfenen Fragen anzugehen. Ferner werden die nächsten Schritte zur weiteren Verbesserung des Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen dargelegt. Aus der frühzeitigen Berichterstattung geht hervor, dass Unternehmen in allen wichtigen Wirtschaftssektoren bei ihren Bemühungen hinsichtlich der Gestaltung des Übergangs zunehmend auf die EU-Taxonomie zurückgreifen. So zeigt beispielsweise in diesem Jahr die erste Berichterstattung von Unternehmensseite über die Taxonomie ermutigende Trends bei großen Nichtfinanzunternehmen, und viele Unternehmen melden bessere Werte bei der Taxonomiekonformität, insbesondere bei ihren Investitionsausgaben.
In einem ersten Schritt hat die Kommission kürzlich eine Reihe gezielter Maßnahmen und Initiativen ausgearbeitet, damit die Vorschriften noch besser genutzt werden können und die Interessenträger bei der Umsetzung unterstützt werden. Die Unterstützung der Unternehmen und des Finanzsektors bei der Umsetzung der EU-Taxonomie und des Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen wird künftig eine zentrale Priorität der Kommission sein.
Finanzierung des Übergangs
Das heutige Paket zeigt ebenfalls, wie der EU-Rechtsrahmen wirksam genutzt werden kann, um die Finanzierung des Übergangs zu erleichtern. Die heutigen Empfehlungen zur Finanzierung des Übergangs sollen den Unternehmen und dem Finanzsektor als Orientierungshilfe dienen und Praxisbeispiele enthalten. Anhand der Beispiele soll gezeigt werden, wie die verschiedenen Instrumente des EU-Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen auf freiwilliger Basis genutzt werden können, um die Investitionen in den Übergang zu lenken und die Risiken zu bewältigen, die sich aus dem Klimawandel und der Umweltzerstörung ergeben. Ziel ist es, die Finanzierung des Übergangs zu erleichtern, und zwar nicht nur für Unternehmen, die bereits über eine solide Nachhaltigkeitsbilanz verfügen, sondern auch für Unternehmen, die sich an unterschiedlichen Ausgangspunkten befinden, wobei glaubwürdige Pläne oder Ziele zur Verbesserung ihrer Nachhaltigkeitsleistung dargelegt werden sollen. Ferner wird anerkannt, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen vor einigen Herausforderungen stehen, die angegangen werden müssen.
Hintergrund und weiteres Vorgehen
Die delegierten Rechtsakte zur EU-Taxonomie werden grundsätzlich gebilligt, und – sobald sie in allen Amtssprachen der EU vorliegen – angenommen und dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Prüfung übermittelt (Viermonatszeitraum, einmal verlängerbar um zwei weitere Monate). Sie werden voraussichtlich ab Januar 2024 Anwendung finden.
Was den Vorschlag für eine Verordnung über Anbieter von ESG-Ratings betrifft, so wird die Kommission nun Gespräche mit dem Europäischen Parlament und dem Rat aufnehmen.
Das heute vorgelegte Paket folgt auf die vierwöchige Rückmeldungsfrist, die am Freitag begonnen hat und in der zu ersten Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen Stellung genommen werden kann. Verbindliche Standards für die Berichterstattung werden dafür sorgen, dass Nachhaltigkeitsinformationen transparent und vergleichbar sind. Die Kommission wird die eingegangenen Rückmeldungen berücksichtigen, bevor sie die Standards als delegierte Rechtsakte fertigstellt und dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Prüfung unterbreitet. Nach ihrer Annahme werden diese Standards für die Berichterstattung von Unternehmen verwendet, die der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, unterliegen. Dies ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen EU-Wirtschaft.
EU-Kommission / 13.06.2023
Foto: EU-Kommission