Am 14. Mai soll gleichzeitig mit der Präsidentschaftswahl die vorgezogene Wahl zur 28. Großen Nationalversammlung der Türkei stattfinden, um die 600 Mitglieder des Parlaments zu bestimmen. Die Abstimmung gilt als die wichtigste seit Jahren. Viele Menschen im Land bezeichnen sie als eine Wahl zwischen Autokratie und Demokratie, deren Ausgang die politische Lage in der gesamten Region und darüber hinaus über Jahre hinweg maßgeblich beeinflussen wird. Die aktuellen Umfragen deuten auf einen knappen Wahlausgang hin.
Die Demokratische Partei der Völker (HDP), die sich bei vorangegangenen Wahlen als Königsmacherin erwiesen hat, hat keine eigene Kandidatur zur Wahl des Staatsoberhaupts aufgestellt und tritt für den Urnengang bei der Parlamentswahl aufgrund des laufenden Verbotsverfahrens unter dem Dach der Grünen Linkspartei (Yeşil Sol Parti, YSP) an. Diese hat nun ihre mit Spannung erwartete Kandidierendenliste vorgelegt.
Auf der offiziellen Aufstellung der YSP, die am Sonntag beim Hohen Wahlausschuss (YSK) eingereicht wurde, finden sich insgesamt 482 Kandidat:innen, die in allen 81 Provinzen ins Rennen gehen. Da die Großstädte Istanbul, Ankara und Izmir in drei beziehungsweise je zwei Wahlkreise aufgeteilt sind, gibt es damit insgesamt 87 Wahlkreise. Von allen Parteien, die in allen Wahlkreisen des Landes antreten, weist die YSP mit 39,38 Prozent den höchsten Frauenanteil unter den Kandidaturen auf.
Wahlkreise der Parteispitzen
Die Ko-Sprecherin der YSP, Çiğdem Kılıçgün Uçar, kandidiert in Istanbul; ihr männlicher Kollege Ibrahim Akın geht in Izmir ins Rennen. Cengiz Çiçek, Ko-Sprecher des HDK (Demokratischer Kongress der Völker), aus dem 2012 die HDP hervorging, wurde ebenfalls in Istanbul aufgestellt. Pervin Buldan, die Ko-Vorsitzende der HDP ist, steht in der nordkurdischen Provinz Wan zur Wahl, während Mithat Sancar, ebenfalls Teil der Parteispitze, in Riha (tr. Urfa) kandidiert. Die Ko-Vorsitzenden der Partei der demokratischen Regionen (DBP), Saliha Aydeniz und Keskin Bayındır, treten in Mêrdîn (Mardin) beziehungsweise Êlih (Batman) zur Wahl an. Berdan Öztürk, HDP-Abgeordneter für Agirî (Ağrı) und Ko-Vorsitzender der kurdischen Graswurzelbewegung „Demokratischer Gesellschaftskongress“ (KCD), will diesmal für den Wahlkreis Amed (Diyarbakir) ins türkische Parlament einziehen.
Prominente Namen unter Kandidierenden
Auch bekannte Kunstschaffende, Journalist:innen, Akademiker:innen sowie derzeitige und ehemalige Abgeordnete aus den Reihen der HDP wurden als YSP-Kandidierende für die Parlamentswahlen aufgestellt. Der Filmemacher und Autor Sırrı Süreyya Önder, der zwischen 2011 und 2018 für die BDP und HDP im Parlament saß und während des Friedensprozesses zwischen der türkischen Regierung und der kurdischen Bewegung Sprecher der Imrali-Delegation war, kandidiert in Istanbul – genauso wie der renommierte Rechtsanwalt Öztürk Türkdoğan, der zudem Ko-Vorsitzender des Menschenrechtsvereins IHD ist. Die Journalistin Ayşegül Doğan, Tochter des 2007 verstorbenen Politikers und Parlamentsabgeordneten Orhan Doğan, geht in Şirnex (Şırnak) ins Rennen.
Die vollständige Kandidierendenliste kann unter dem Link eingesehen werden: https://firatnews.com/guncel/yesil-sol-parti-nin-aday-listesi-aciklandi-182922