Wie der DGB übt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) deutliche Kritik am vorliegenden Entwurf eines Hamburger Vergabegesetzes.
Die Gewerkschaft kritisiert unter anderem, dass der Senat im vorliegenden Entwurf, anders als es die Überschrift der Pressemeldung des Finanzsenators vom 14. April 2023 nahelegt, keine echte Tariftreue regelt, sondern nur die Festlegung von Mindestentgelten.
„Der Finanzsenator suggeriert mit seinem Sprachgebrauch, dem Senat ginge es um Tariftreue, doch der vorliegende Gesetzesentwurf ist davon weit entfernt“, erläutert Sandra Goldschmidt, Landesleiterin bei ver.di Hamburg, und sagt weiter: „Zu Tariftreue gehören nicht nur Mindestentgelte, sondern auch Regelungen wie Arbeitszeit, Zuschläge oder Urlaub. Und selbst diese lasche Regelung wird im selben Gesetz faktisch weitgehend außer Kraft gesetzt. Möglich wird das durch die Schwellenwerte, die für die Anwendung der Reglung erreicht werden müssen. In Verbindung mit der Möglichkeit, Ausschreibungen in kleinere Lose zu unterteilen, wird so die Anwendung des Mindestentgeltes gleich wieder ausgehebelt.“
Das Gesetz definiert als Vorbedingung für das Mindestentgelt Schwellenwerte von mindestens 100.000 Euro für Dienstleistungen und 150.000 Euro für Bauleistungen.
„Es steht zwar Tariftreue drüber, aber es ist nicht Tariftreue drin“, fasst Goldschmidt zusammen.
Nach Ansicht der Gewerkschaft ver.di wird die Stadt Hamburg mit diesem Gesetz ihrem eigenen Anspruch aus dem Koalitionsvertrag nicht gerecht. Sandra Goldschmidt: „Genau wie der DGB kritisieren wir, dass dieses Gesetz nicht geeignet ist, den Unterbietungswettbewerb bei öffentlichen Ausschreibungen zu unterbinden. Die 340 Mio. Euro an Steuergeld, die Hamburg nach Aussage des Senators jährlich allein für Liefer- und Dienstleistungsaufträge ausgibt, können so weiter an Billigheimer fließen, Unternehmen mit Tarifbedingungen haben das Nachsehen. Genau das muss sich ändern. Ein gutes Tariftreuegesetz ist nicht nur für die Beschäftigten bei den Auftragnehmer*innen wichtig, sondern auch für die Kolleg*innen in den Dienststellen und öffentlichen Unternehmen, die die Aufträge vergeben. Die Beschäftigten in der Daseinsvorsorge müssen vor Lohndumping geschützt werden!“
Goldschmidt hat eine klare Forderung: „Hier braucht es sehr umfangreiche Nachbesserungen: Eine echte Tariftreue, deutlich niedrigere Schwellenwerte, auch die verbindliche Übernahme der Beschäftigten bei der Neuvergabe im ÖPNV fehlt. Alle Bundesländer mit Tariftreueregelungen haben bessere Gesetze als dieses, das ist völlig unverständlich. Der Anspruch des Senates, der so gerne von Hamburg als „Stadt der Guten Arbeit“ spricht, muss es sein, das beste Tariftreuegesetz zu haben, nicht das schlechteste.“
ver.di Hamburg / 27.04.2023