Karoline Herfurths vierte Regiearbeit: Eine romantische Komödie rund um die Frage, was Familie eigentlich ist. Und die Schwierigkeiten, die innerhalb einer Familie auftreten können. Großartig gespielt, pointiert geschrieben und stilsicher inszeniert.
Karla hat ziemlich viel Pech mit den Männern. Aber wer braucht die schon? Denn was sich Karla eigentlich sehnlich herbeiwünscht, ist ein Kind. Und mit 39 tickt die biologische Uhr ja schon etwas lauter. Also macht sich Karla strategisch daran, ihren Wunsch zu erfüllen. Doch das Leben passiert eben, während man Pläne schmiedet. Dieses Leben besteht in Karlas Fall aus problembeladenen Geschwistern, einem wieder frisch verheirateten Vater, einer extrem gefrusteten und dem Alkohol viel zu sehr zugeneigten Mutter – und Ole, der mit charmanter Liebenswürdigkeit und einem anbetungswürdigen Augenaufschlag einfach so Karlas Pläne durcheinander wirbelt.
Mit ihrer bereits vierten Regiearbeit beweist Karoline Herfurth, dass sie das Genre der romantischen Komödie traumwandlerisch beherrscht. Die Figuren sind mit Liebe gezeichnet und geschrieben (Drehbuch Monika und Tim Hebborn), und die Chemie zwischen den Darsteller:innen, allen voran Herfurth selbst als Karla mit ihren Leinwandschwestern Nora Tschirner und Milena Tscharntke und ihrer besten Freundin, gespielt von Jasmin Shakeri, stimmt, es sprüht nur so vor Energie und Spielspaß auf der Leinwand. Auch Ulrike Kriener als frustrierte, alkoholkranke Mutter und Herbert Knaup als vor jedem Konflikt resignierender Vater sind großartig besetzt. Ob Situationskomik, screwballartige Dialoge oder sich slapstickartig steigernde kleine Alltagskatastrophen – Herfurth kennt das Genre gut und spielt stilsicher mit den zentralen Elementen. Dazu erzählt das Drehbuch eine Geschichte, die sich auch mit existenziellen Problemen und Konflikten beschäftigt: Ist es egoistisch, Mutter sein zu wollen, auch ohne Beziehung? Warum stellen Frauen ihre Wünsche immer hinten an, sobald ein Mann ins Spiel kommt? Und was genau ist es, was auch Familien jenseits jedes Bilderbuchklischees zusammenhält? All diese Fragen und Themen sind es, die EINFACH MAL WAS SCHÖNES zu einem Film machen, der wunderbar leichtfüßige Unterhaltung mit Tiefgang verbindet. So geht einfach schönes Kino.
Jury-Begründung / Prädikat besonders wertvoll
Mit EINFACH MAL WAS SCHÖNES gelingt dem Multitalent Karoline Herfurth erneut eine Liebes- und Familienkomödie, die gekonnt und virtuos mit den Elementen, Emotionen und Erwartungen dieses Genres spielt. Der Kern der Geschichte mag sehr einfach sein: Eine Frau möchte alleine ein Kind bekommen und trifft dann doch Mister Right. Mit den Elementen drum herum aber machen es sich die Filmschaffenden um Karoline Herfurth alles andere als einfach. Der Film strotzt vor Erzählebenen, unterschiedlichen Nebengeschichten sowie verschiedenen Figurenkonstellationen mit jeweiligen kleinen Beziehungen untereinander. Dazu werden Themen wie Alkoholismus, Fehlgeburt und verschiedenste Familiendefekte adressiert, die allesamt für sich genommen schon erhebliche Sensibilität erfordern, erst recht, wenn sie in einem komödiantischen Umfeld erzählt werden. In der Summe ist es erstaunlich, wie souverän Regie, Buch und Montage das alles orchestrieren und in perfekte Balance bringen, ohne den Zeigefinger zu heben, zu verurteilen oder allzu sehr zu pauschalisieren. Die Frauenfiguren, die es allesamt satt haben, sich von den Männern alles erklären zu lassen, fallen durch ihre feinen Brüche differenzierter aus, als man es aus dem deutschen Beziehungsfilmgenre gewohnt ist. Und bei all dem gelingt es dem Film dann auch noch, Komödie zu sein, in Dialogen zu funktionieren, in Details zu überraschen und lustige Momente zu kreieren – ein Rendezvous, bei dem beide mit Stillkissen im Kino „Lethal Weapon“ schauen, gehört zu solchen gelungenen Momenten ebenso wie eine herrlich absurde Diskussion unter Nachbar:innen im Treppenhaus. Unter den durchweg überzeugenden Schauspieler:innen bleibt insbesondere Ulrike Kriener in der Rolle als Mutter der drei Schwestern im Gedächtnis, changierend zwischen Liebe und Traurigkeit, Überheblichkeit und Selbsthass. Nichts brauche man anderes, heißt es irgendwo im Film, als eine Herde vernünftiger Erwachsener um sich herum. Dass keine der Figuren dieses Kriterium so richtig erfüllt und man sie trotzdem eine Filmlänge äußerst gerne um sich hat, gehört zu den wunderbaren Ambivalenzen, die diesen Film zu dem machen, was er sein will: einfach mal was Schönes.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) / 17.04.2023
Foto: FBW