Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) setzt sich dafür ein, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene vor den Folgen eines zu hohen Medienkonsums besser geschützt werden. Dabei seien generelle Verbote oder ein möglichst langes Fernhalten von den digitalen Medien jedoch nicht die Lösung.
„Generelle Verbote führen nicht zum Ziel. Aber wir müssen den Blick dafür schärfen, dass ‚Abschalten‘ ein wichtiger Teil der Medienkompetenz ist und entsprechend in der Schule ansetzen. Dies erreichen wir aber nicht mit der Arbeitsteilung ‚Schule offline, zu Hause online‘“, sagte Anja Bensinger-Stolze, GEW-Vorstandsmitglied Schule, am Montag mit Blick auf den morgigen Safer Internet Day, der unter dem Motto „#OnlineAmLimit – dein Netz. dein Leben. deine Grenzen.“ steht. „Im Gegenteil: In der Schule und in außerschulischen Bildungseinrichtungen soll ein kreativer und mündiger Zugang zu den Medien gefördert werden.“ Dazu gehöre auch zu erkennen, wann es genug ist. Die Lehrenden seien es den Kindern und Jugendlichen schuldig, Angebote zu machen und als Erwachsene Vorbild zu sein. Wenn Beschäftigte aber – etwa wegen des Fachkräftemangels – bis an die Grenze der Erschöpfung im Arbeitsleben gehen müssten, sei dies jedoch leichter gesagt als getan.
„Auch in der Beruflichen Bildung und Weiterbildung sind Angebote zur Stärkung der Medienkompetenz wichtig. Internetzugang und Smartphone bedeuten noch lange nicht automatisch, gesellschaftliche Teilhabe zu erlangen. Die GEW sieht eine digitale Welt kritisch, in der Wenige den Ton angeben und alle anderen sich deren Vorgaben anpassen“, betonte Ralf Becker, GEW-Vorstandsmitglied Berufliche Bildung und Weiterbildung. „Wir wollen stattdessen, dass alle Menschen die Möglichkeit haben, sich aktiv einzumischen.“ Ein Beispiel: Die Nutzung der Social Media sei zwar niedrigschwellig, aber wenn man die Strukturen und Mechanismen dahinter nicht kennt, könnten Menschen leicht in die Falle tappen und beispielsweise Daten preisgeben, Fakenews weiterverbreiten oder gesundheitsgefährdenden Fitnesstrends erliegen. „Einfache Angebote, die alle erreichen, sind besonders wichtig, damit Follower zu aktiven Weltgestaltern werden. Hier haben zum Beispiel Volkshochschulen eine wichtige Aufgabe“, sagte Becker.
Bensinger-Stolze zeigte sich mit Blick auf die Mediennutzung der Kinder und Jugendlichen leicht optimistisch: „Die JIM-Studie (Jugend, Information, Medien) 2022 hat gezeigt, dass Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren wieder weniger online sind und mehr offline Aktivitäten wie Sport nutzen. Das ist gerade nach der Corona-Pandemie unheimlich wichtig und macht Mut, dass die ‚Digital Natives‘ besser erkennen, wann sie online das Limit erreicht haben. Wir dürfen aber die Kinder und jungen Menschen nicht vergessen, die suchtgefährdet sind. Deshalb müssen die Beratungsangebote an den Schulen ausgebaut werden“, unterstrich die Gewerkschafterin.
Becker hob hervor, dass die Digitalisierung für Lehrkräfte zu Entgrenzung und größerer Arbeitsbelastung führe. Diese seien aber bereits jetzt am Limit – on- wie offline. Vor diesem Hintergrund seien viele der aktuellen Vorschläge der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (KMK) mit Blick auf die Maßnahmen zu Bekämpfung des Lehrkräftemangels „blanker Hohn“. Die GEW hat ein 15-Punkte-Programm gegen den Lehrkräftemangel entwickelt und will über ihr Maßnahmenpaket mit der KMK verhandeln. „Die Entgrenzung und Verdichtung der Arbeitszeit ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, für das die GEW mit Blick auf die Beschäftigten im Bildungsbereich Lösungen anbietet. Denn: Gute Bildung in der digitalen Welt erfordert gute Arbeitsbedingungen“, sagte der Gewerkschafter.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) / 06.02.2023
Logo: GEW