Authentisches Künstlerporträt über das Werk und aktuelle Schaffen des Shooting-Star-Künstlers Daniel Richter, das nicht nur sehr nah dran an Richter selbst ist, sondern auch das Mysterium zeitgenössischer Kunst offenbart.
Im Film schafft der Künstler Kunst – aber damit ist sein Werk längst nicht getan. Der Prozess des Schaffens geht über Pinselstriche hinaus, bis hin zum Gespräch mit Sammlern, in die Welt exorbitanter Kunstauktionen hinein, in das Kuratieren und Gestalten von Galerien rund um den Globus und in die Deutungshoheit des Künstlers selbst. Daniel Richter erlaubt in dieser Langzeitdokumentation einen Einblick in sein Schaffen, in seinen Modus von Kunst und seine unterschwellige Kritik an der Kunstszene selbst.
Auf der Leinwand entsteht eine Traumwelt, die sich schließlich im Auge der Betrachtenden facettenreich entfaltet und mit jedem Blick neue Erscheinungen und Erkenntnisse zulässt. Ganz ähnlich arbeitet Pepe Danquart in seinem Dokumentarfilm DANIEL RICHTER, der sich zum Kunstwerk über den Künstler selbst erhebt. Fast schon untypisch für ein Porträt findet jedoch kein Aspekt des Privatlebens von Daniel Richter Eingang in die Betrachtung des Menschen. Stattdessen steht das Handwerk vollends im Fokus, den Daniel Gottschalk und Marvin Hesse mit einer Kameraarbeit umsetzen, die vor allem eines lässt: Zeit. Daniel Richter lässt Beobachtende gewähren und so verbringt der Film viel Zeit damit, dem Künstler im Schaffensprozess einfach über die Schulter zu schauen. Das macht den Schatz dieses Dokumentarfilms aus, denn selten wird der Prozess der künstlerischen Entscheidungen derart erfahrbar, der sich eigentlich nicht beschreiben lässt. Gleichzeitig erhält Daniel Richter genug Raum, um über das zu reden, was geschieht. Auch hier liegt eine hohe Qualität in der Auswahl der Aussagen. Denn schnell wird auch klar, dass Richter selbst ein wenig hinterfragt, was in der Kunstszene passiert. So vollzieht Pepe Danquart die größtmögliche Form der Annäherung an die Person des Künstlers, wodurch ein einzigartiges Zeitzeugnis von Kunst entsteht, ganz nah am Künstler und seiner Welt selbst.
Jury-Begründung / Prädikat besonders wertvoll
„Daniel, warum machen wir diesen Film?“ Dieser erste Satz enthüllt das ganze Vorhaben, die Herangehensweise des Regisseurs. Pepe Danquart, bekannt durch Dokumentarfilme wie HÖLLENTOUR und AM LIMIT, und seinen Protagonist Daniel Richter, einer der renommiertesten, zeitgenössischen Maler Deutschlands, machen einen Film – gemeinsam. Danquart als Auge, Richter als Leinwand.
Und so verbringt man viel Zeit in Richters Atelier, beobachtet ihn beim Vorbereiten der Leinwände, beim Vorzeichnen, beim Auftragen der Farbschichten. Dazwischen Interviews mit Papageien auf der Schulter, Richters Begleiter beim Arbeiten. Es ist dieses Beiwohnen beim Handwerk, das Schaffen wie das Scheitern im Prozess des Malens, was die Faszination des Filmes ausmacht.
Als weitere Ebene reist man mit dem Künstler zu zentralen Ausstellungen, beobachtet ihn beim Aufhängen der Bilder – er bereitet sie für die Öffentlichkeit vor. Ergänzend gibt es Aussagen von Wegbegleiter:innen, wie Richters Studienkollege Jonathan Meese, Künstlerfreund Tal R sowie Sammler und Galeristen. Frauen kommen nur wenige zu Wort, darunter aber die renommierte Kuratorin Eva Meyer-Herrmann, die parallel zu Danquart ein Buch über Daniel Richter schreibt.
Natürlich ist vieles Show und natürlich befeuert das filmische Porträt auch den Narzissmus des Künstlers, aber daraus macht der Regisseur nie einen Hehl. Im Gegenteil: Mit einem schmunzelnden Blick zeigt er die Perversion des Kunstmarktes. Es geht mehr um das Produkt Richter, als um die Person. Und das Produkt verkauft sich, wie die absurd anmutenden Sequenzen von Kunstauktionen beweisen. Das Privatleben Richters ist dagegen ganz außenvorgelassen, selbst Biografisches wird durch den Künstler selbst denkbar spröde zum Besten gegeben. Er behält zu jedem Zeitpunkt die Kontrolle über den Film, ist nicht Objekt, sondern Komplize Danquarts.
So leuchtend bunt die künstlerischen Arbeiten sind, die Anmutung des Filmes ist überraschend nüchtern. Kamera und Montage ordnen sich dem Maler und seinen Bildern unter, die weitere Gestaltung ist ebenso angenehm zurückgenommen: Es gibt keine typischen Bauchbinden, keine erläuternden Texttafeln, keine Establisher – die interviewten Personen sprechen für sich.
DANIEL RICHTER ist ein Film für alle, die sich für Kunst im Speziellen und Kultur im Allgemeinen interessieren. Für alle, die den Mechanismus der Kreativität hinterfragen möchten – oder einfach für Fans von Pepe Danquarts anderen Filmen. Er schafft es wieder einmal, Vertrauen aufzubauen zu einem extremen Charakter und ihn bei seinem unbegreiflichen Tun zu beobachten. Beides verdient größten Respekt.
In Abwägung aller Argumente vergibt die Jury gerne das Prädikat BESONDERS WERTVOLL.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) / 31.01.2023
Foto: FBW