Das Klimagerechtigkeitsbündnis „Lützerath unräumbar“ hat der Polizei ein gewaltsames Vorgehen bei den Protesten gegen die Räumung des Dorfes Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier vorgeworfen. Bei der Großdemonstration am Samstag seien Menschen „mit purer Gewalt“ aufgehalten worden, sagte Indigo Drau von der Initiative „Lützerath lebt“ am Sonntag bei einer Pressekonferenz im Erkelenzer Ortsteil Keyenberg.
Die Angriffe der Polizei seien vor allem durch Pfefferspray und Schlagstöcke erfolgt, auch wurden Räumpanzer, Wasserwerfer, Hunde und Pferde eingesetzt. Iza Hofman vom Sanitätskollektiv Lüzeraths sprach von einer „hohen zweistelligen bis dreistelligen Zahl“ an Verletzten, einige davon lebensgefährlich. Beamte hätten „hemmungslos“ auf Demonstrierende eingeprügelt, vorzugsweise auf den Kopf, sagte Hofman.
„Der gestrige Tag war für unsere Sanis zugleich Belastung als auch Schock. Das hemmungslose Vorgehen der Polizei gegen größtenteils friedliche Demonstrant:innen hat unsere Kapazitäten sehr belastet. Bis in die Nacht mussten wir viele Patient:innen versorgen und zahlreiche Verletzte ins Krankenhaus verlegen“, so Hofman. Eine genaue Verletztenzahl nannte die Aktivistin mit Verweis auf den Schutz der Betroffenen vor Polizeiermittlungen nicht.
Wir sind schockiert von Repression und #Polizeigewalt in #Lützerath und verurteilen dieses Vorgehen zutiefst!
Wir solidarisieren uns mit allen Betroffenen! Passt auf euch auf und bleibt in euren Bezugsgruppen!
Wir lassen uns nicht einschüchtern! #LuetzerathUnraeumbar pic.twitter.com/UZMneEqykw — Ende Gelände #LütziBleibt (@Ende__Gelaende) January 14, 2023
Darya Sotoodeh von Fridays for Future nannte die Polizeigewalt „unentschuldbar“ und betonte, dass weiter friedlich gegen die Räumung von Lützerath demonstriert werde. Zudem kündigte sie weitere Protestaktionen an. Die Demonstration gestern habe gezeigt, dass viele Menschen gegen die Räumung seien und dass diese sinnlos ist
35.000 Menschen bei Demonstration gegen Zerstörung von Lützerath
An der Großdemonstration gegen den Ausbau des Tagebaus Garzweiler II und die Zerstörung von Lützerath beteiligten sich gestern nach Angaben der Veranstalter:innen etwa 35.000 Menschen. Mehr als 10.000 Protestierende bewegten sich von der Demonstration Richtung Lützerath, wo die Polizei die Gewalt eskalieren ließ und mit Wasserwerfern, Pfefferspray und Schlagstöcken hunderte Aktivist:innen verletzte.
Obwohl sich immer mehr Menschen mit den Aktivist:innen in Lützerath solidarisieren, gehen die Räumungsarbeiten auch am Sonntag weiter. Noch immer befinden sich Aktivist:innen in dem besetzten Ort, unter anderem in einem Tunnelsystem. „Weil allen klar ist, dass Lützerath erhalten bleiben kann und muss, hatten RWE und die Landesregierung es so eilig, Lützerath zu vernichten. Es wurde auf Tempo gesetzt und dabei unsere Leben riskiert. Aber wir sind immer noch da, wir sind wütender und entschlossener als je zuvor. Lützerath lebt – überall“, so Indigo Drau.
In ganz Deutschland gab es in den letzten Tagen Solidaritätsaktionen – es wurden Parteizentralen der Grünen besetzt, der RWE-Haupteingang blockiert und in verschiedenen Städten weltweit Demonstrationen organisiert. „Lützerath ist erst der Anfang“, erklärte Luka Scott von „Ende Gelände“ dazu. „Wir sind viele und wir werden jeden Tag mehr. Wir werden keine Ruhe geben, bis keine Kohle mehr verfeuert wird und alle Tagebaue und Kohlekraftwerke stillstehen. Der gestrige Tag zeigt uns: Kohleausstieg ist und bleibt Handarbeit. Deshalb werden wir uns auch in den nächsten Wochen mit Aktionen zivilen Ungehorsam der Zerstörung in den Weg stellen. Die Kohle muss im Boden bleiben!“
Weiterer Widerstand gegen Braunkohle angekündigt
Für kommenden Dienstag hat das Aktionsbündnis „Lützerath unräumbar“ einen großen Aktionstag angekündigt. In dem Bündnis haben sich unterschiedliche Gruppen der Klimagerechtigkeitsbewegung zusammengeschlossen, darunter Alle Dörfer bleiben, ausgeco2hlt, Ende Gelände, Extinction Rebellion, Fridays for Future, Die Kirche(n) im Dorf lassen, Interventionistische Linke, Kohle erSetzen, Letzte Generation, Scientist Rebellion, RWE & Co. Enteignen, End Fossil: Occupy! und Ums Ganze.