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German Crime Story: Gefesselt

Kino

German Crime Story: Gefesselt

Die hochspannende und psychologische Thriller-Serie arbeitet den berüchtigten Fall des „Säurefassmörders“ aus den 1980er Jahren auf. Ein kluges Drehbuch, eine spannende Krimi-Dramaturgie und das einprägsam intensive Spiel von Oliver Masucci machen diese sechsteilige Miniserie zu etwas Außergewöhnlichem im True-Crime-Genre.

Hamburg, Ende der 80er, Anfang der 90er: Der gelernte Kürschner Raik Doormann lebt als unauffälliger Ehemann und Vater inmitten einer gutbürgerlichen Nachbarschaft. Gerne kommen Freunde zum Grillen vorbei, auch im Schwimmverein ist Raik aktiv und beliebt. Dabei führt Doormann ein grauenvolles Doppelleben. Unter seinem Haus, in einem Atomschutzbunker, den er extra anfertigen ließ, hält er Frauen gefangen, quält und missbraucht sie und raubt sie aus. Als er eines Tages eine Geisel einfach vor dem Polizeirevier freilässt, scheint ihr zunächst niemand zu glauben. Es kommt zum Prozess, in dem ebenfalls Zweifel an der Aussage des Opfers aufkommen. Doch dann scheint es plötzlich eine Verbindung zu einem ungeklärten Vermisstenfall zu geben. Und die energische Ermittlerin Nela Langenbeck, die gerade zur Mordkommission versetzt wurde, nimmt die Spur von Doormann auf.

Schon der drastische Einstieg in die Serie, die in der Regie von Florian Schwarz (Drehbuch: Michael Proehl, Dirk Morgenstern, Max Eipp, Mark Monheim und Dinah Marte Golch) entstanden ist, setzt einen gruselig-düsteren Ton. Die Handlung rund um Raik Doormann ist inspiriert von dem wahren Kriminalfall rund um Lutz Reinstrom, dessen „Säurefassmorde“ Anfang der 1990er Jahre für Entsetzen und einen medialen Sturm sorgten. Die Macher:innen hinter GERMAN CRIME STORY zeichnen seine Taten sowie die Verfolgung durch die engagierte Ermittlerin Atzeroth-Freier (in der Serie: Nela Langenbeck), mit großer Detailkenntnis nach. Immer wieder wechselt die Erzählperspektive von Täter zu Ermittlerin, dabei eint beide Figuren die Besessenheit, ihr Ziel zu erreichen. Die Serie erzählt achronologisch, springt zwischen den Zeiten hin und her. Die Bildgestaltung, die in düsteren Braun- und dunklen Grüntönen eine beklemmend-drückende Stimmung evoziert, verbindet mehrere Ebenen, unsichtbare Schnitte und lange Kamerafahrten wandeln leichtfüßig zwischen den Zeiten. Die exzellente Kamera von Philipp Sichler ist Doormann und den Opfern ganz nah, bewegt sich dynamisch und macht gleichzeitig die Enge des Raums unter der Erde spürbar. Das ganze Ausmaß der grausamen Gewalt zeigt die Serie nicht, doch es reichen bildliche Andeutungen und die überaus authentisch dargestellte Angst der Frauen, um sich auf die Zuschauenden zu übertragen. Als Doormann liefert Oliver Masucci eine schauspielerische Tour-de-force. Der norddeutsche Dialekt, der weiche Singsang der Stimme, der sprunghafte Wechsel in Mimik und Gestik von Gentleman zu Monster, der böse Ausdruck in den Augen, der mal Gier, mal Lust, mal Besessenheit reflektiert – Masucci taucht perfide in die Rolle des sadistischen Verbrechers ein und erfüllt jede Szene mit Eiseskälte. Als seine „Gegenspielerin“ agiert Angelina Häntsch mit energischem Pragmatismus, die Jagd nach dem Mörder wird zu einem Katz-und-Maus-Spiel, bei dem der erzählerische Fokus auch auf den ausführlichen Verhörszenen liegt, die durch eine kluge Dramaturgie atemlose Spannung erzeugen. Als Entführungsopfer verkörpern Nikola Kastner und Valentina Sauca eindrücklich und nachvollziehbar die unfassbare Panik und Todesangst sowie ihr hilfloses Ausgeliefertsein. Neben der True-Crime-Handlung erzählt GERMAN CRIME STORY auch eine Geschichte über die deutsche Gesellschaft Anfang der 1990er Jahre und die Stellung der Frau darin. Eine Polizistin, die von ihren männlichen Kollegen nicht ernst genommen wird, ein Entführungsopfer, dem nicht geglaubt wird – all dies reflektiert die Serie dank ihres klugen Drehbuchs, einer glaubwürdigen Inszenierung und in einem authentischen Setting. GERMAN CRIME STORY: GEFESSELT ist eine hochspannende, psychologische Thriller-Serie, die sich nicht nur für Fans des klassischen True-Crime-Genres lohnt.

Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) / 09.01.2023

Foto: FBW

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