Der für Freitag geplante Besuch des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan (AKP) bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin findet offenbar nicht statt. Das berichtet das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ unter Berufung auf das Umfeld der türkischen Regierungspartei. Der außenpolitische Berater des Kanzlers, Jens Plötner, und Erdogan-Berater Ibrahim Kalin hätten sich nicht auf Themen und auf eine Uhrzeit für das Treffen einigen können. Der Vorsitzende der AKP-Lobbyorganisation UID, Köksal Kus, habe bereits am vergangenen Sonntag eine entsprechende Andeutung gemacht. Zudem seien Veranstaltungen in Hamburg. Mannheim und Köln abgesagt worden, teilte Kus mit.
Es wird davon ausgegangen, dass die Hassreden des AKP-Abgeordneten Mustafa Açıkgöz die Bundesregierung dazu veranlasst haben, den Erdogan-Besuch nicht stattfinden zu lassen. Açıkgöz hatte in einer Moschee in Neuss offen zur Vernichtung von Anhänger:innen der PKK und der Gülen-Bewegung aufgerufen. Der Aufruf hat breite Proteste ausgelöst. Das Auswärtige Amt lud den türkischen Botschafter vor, um zu erklären, dass „Hetze und Hassrede in Deutschland nichts verloren haben“ und „ausländische Wahlkampfveranstaltungen vorher von uns genehmigt werden müssen“. Wenn sich türkische Vertreter nicht an die Spielregeln hielten, müssten „Konsequenzen“ geprüft werden, so das Ministerium.
Das Bündnis „Erdogan Not Welcome“ und kurdische Organisationen wie der Verband KON-MED hatten gegen den geplanten Besuch von Erdogan protestiert und zu einer Demonstration vor dem Kanzleramt in Berlin aufgerufen.
In der Türkei finden laut aktuellem Stand am 14. Mai Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. In der Bundesrepublik sind seit 2017 Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker:innen drei Monate vor der Abstimmung verboten. Anlass für die Neuregelung waren Auseinandersetzungen in Deutschland im Vorfeld des türkischen Verfassungsreferendums. Außerhalb der Wahlkampfzeiten müssen seitdem alle politischen Auftritte ausländischer Regierungsvertreter:innen zehn Tage vorher beantragt und von der Bundesregierung genehmigt werden.