Die Freundschaft zwischen einem kleinen Jungen und einer Hündin, eingebettet in die malerische Landschaft der französischen Alpen – eine mitreißende und wunderschön erzählte Geschichte für die ganze Familie!
Sebastian hat so gar keine Lust, die Ferien bei seiner Tante und der schroffen Großmutter in den französischen Alpen zu verbringen. Schließlich ist da gar nichts los, was für einen 10-Jährigen spannend sein könnte. Doch dann begegnet Sebastian der Hündin Belle, die von ihrem Besitzer schlecht behandelt wird. Schnell werden die Beiden zu unzertrennlichen Freunden, die gemeinsam durch Dick und Dünn gehen und spannende Abenteuer in den Bergen erleben.
Regisseur Pierre Coré und seine Co-Autor:innen Cécile Aubry und Alexandre Coffre haben mit diesem Abenteuerfilm für Kinder und Jugendlich keine Fortsetzung des bekannten Films aus dem Jahr 2011 geschaffen, sondern eine spannende und großartig besetzte Neuverfilmung der Geschichte einer ganz besonderen Freundschaft zwischen einem frechen, abenteuerlustigen Jungen und einer wilden, freiheitsliebenden Hündin. In der klar und geradlinig erzählten Story findet sich auch die Zielgruppe der Kinder zurecht – und durch die wunderschönen, von gefühlvoller Musik untermalten Landschaftsaufnahmen und dem erzählerischen Fokus auf die ungewöhnliche Freundschaft geraten auch die abenteuerlich-spannenden Szenen nie allzu bedrohlich und gruselig. Schon der Einstieg in den Film verdeutlicht, dass Sebastian ein absoluter Sympathieträger ist, der mutig, unangepasst und auch manchmal etwas draufgängerisch ist. Als Newcomer stellt ihn Robinson Mensah Rouanet hinreißend natürlich dar, sein offener, neugieriger Blick bringt das Publikum dazu, ihm gerne zu folgen, zusammen mit der wunderschönen Hündin Belle, die so sehr die Freiheit liebt und sich den wilden Wölfen der Bergwelt näher fühlt als der Welt der Menschen. Der Film verinnerlicht – bis zum Schluss des Films – die Botschaft von tiergerechter Haltung und zeigt auf mitreißende Weise, wie die Freundschaft zwischen Mensch und Hund stark genug sein kann, um gemeinsam alle Widrigkeiten zu überstehen.
Jury-Begründung / Prädikat
Prädikat besonders wertvoll Schon ganz am Beginn dieses wirklich zauberhaften Kinderfilms weist ein kleiner Moment auf die Richtung hin, in die er sich entwickeln wird. Der junge Sebastian sitzt in seinem Kinderzimmer, vor ihm auf dem Tisch steht ein großes Glas, in dem er einen Schmetterling gefangen hält. Die Szene endet damit, dass Sebastian stürmisch den Raum verlässt. Für einen Moment sehen wir den zappelnden gefangenen Schmetterling, und gerade, als man intuitiv den Schnitt erwartet, der dann ja auch irgendwie das Schicksal dieses Schmetterlings besiegelt hätte, stürmt Sebastian zurück ins Zimmer und befreit ihn aus dem Glas.
BELLE & SEBASTIAN – EIN SOMMER VOLLER ABENTEUER, eine weitere Verfilmung des auf einer Serie basierenden Stoffes, ist in der Tat ein dynamisch erzählter Abenteuerfilm für Kinder, der auf visuell und emotional gelungene Weise Themen wie Tierwohl und Naturliebe in den Mittelpunkt stellt. Ein Stadtjunge freundet sich auf dem Bergbauernhof der Oma mit einem riesigen Hütehund an – das klingt nach Stereotypen, nach Konvention und Didaktik. Nichts davon aber trifft auf den Film zu. Die Figuren zum Beispiel sind fast durchgehend erfrischend ambivalent. Selbst der Antagonist, der Besitzer des Hundes, der ihn wiederholt quält, entspricht kaum dem, was in Kinderfilmen üblich scheint. Er ist nicht ins Alberne gezogen, ins komplett Lächerliche, womit sich alle über ihn erhöhen können, sondern bleibt nachvollziehbar. Im Grunde versucht er, von seinem Vater erlernte patriarchale Strukturen anzuwenden und gibt den innerfamiliären Druck an den Hund weiter. Er ahmt gewissermaßen den Vater in dessen Machtposition nach. Diese Kritik am Patriarchat zieht sich durch den Film: So sind alle Antagonisten Männer und alle Protagonisten Frauen, die mit den Traditionen der älteren Generation hadern. Damit ist Sebastian in dieser Welt als einziger männlicher Protagonist Hoffnungsträger eines orientierungslos wirkenden Geschlechts.
Aber auch diese Deutungsebene trägt der Film nicht postulierend vor sich her, sondern bindet derlei Untertöne organisch in seine Handlung ein, die von fantastischen Naturaufnahmen, sehr guten Schauspieler:innen und bemerkenswerten Hundeszenen lebt. Das Erzähltempo ist hoch und bietet jede Menge Spannung in Actionsequenzen, die auch ohne Brimborium ausnehmend gut funktionieren. Der Film baut sich zwar seine heile Welt, lässt dabei aber Brüche zu. Es ist damit ein erstaunlich differenziert erzählter Kinderfilm. Und was ließe sich Besseres über dieses Genre sagen? Gerne zeichnet die FBW-Jury den Film mit dem höchsten Prädikat BESONDERS WERTVOLL aus.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) / 02.01.2023
Bildschirmfoto: FBW