Inklusion heißt, Menschen mit Behinderung eine selbstverständliche Teilhabe zu ermöglichen. Wie aber ist der Status Quo im Hinblick auf Sport und Bewegung? Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) und Special Olympics Deutschland (SOD) kooperieren seit 2021, um sich gemeinsam für die Gesundheit und Teilhabe von Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung einzusetzen. Zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember gibt die BGW Einblick in erste Forschungsergebnisse zum Thema Sport und Inklusion.
Angebote im Breitensport: eher spezifisch als inklusiv
Sport ist ein gutes Mittel, um die Gesundheit von Menschen und das soziale Miteinander zu fördern. Bei inklusiven Sportangeboten geschieht genau das: Menschen mit und ohne Behinderungen treiben gemeinsam Sport. So können Angebote dieser Art dazu beitragen, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt und selbstverständlich am Alltagsleben teilhaben. Doch bieten genug Vereine inklusiven Sport an? Und wie groß ist die Auswahl an Sportarten? Das untersuchte das Forschungsinstitut für Inklusion durch Bewegung und Sport (FIBS) im Rahmen der Forschungszusammenarbeit von BGW und SOD. Das Ergebnis: In 29 von 30 untersuchten Sportarten gibt es mindestens ein Angebot für Menschen mit Behinderungen.
Das Thema ist also in der Sportwelt angekommen. Jedoch bestehen große Unterschiede, wie und in welchem Umfang Sport für Menschen mit Behinderungen umgesetzt wird. Insgesamt überwiegen spezifische Angebote, die ausschließlich für Menschen mit Behinderungen ausgelegt sind. 43 Prozent der untersuchten Landesverbände haben ein solches Angebot. Seltener sind inklusive Angebote, die es bei 37 Prozent der Landesverbände gibt. Wird Sport ausschließlich für Menschen mit Behinderungen angeboten, ist der Wettkampf die dominierende Form. Inklusive Sportangebote hingegen finden am häufigsten im Rahmen von einmaligen Events statt. Außerdem zeigte sich: Angebote für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen sind am häufigsten. Sie gibt es bei 54 Prozent der Landesverbände. Zweithäufigste Zielgruppe sind Menschen mit körperlichen Behinderungen (52 Prozent), gefolgt von Menschen mit Mehrfachbehinderungen (22 Prozent) und Sehbeeinträchtigungen (18 Prozent).
Mediale Berichterstattung: teilweise einseitig
Das Medienbild von Menschen mit Behinderungen beim Sport ist wichtig, weil es auch der Gesamtgesellschaft Eindrücke davon vermittelt, wie Behindertensport aussieht, welche Sportarten es gibt und wo gemeinsamer Sport möglich ist. Eine Auswertung von wissenschaftlichen Studien durch das Forschungsinstitut Media Tenor im Auftrag der BGW zeigt: In der Berichterstattung geht es meist um Spitzensport und nicht um Breitensport. Unterschiedlich oft wird über Sport von Menschen mit körperlichen Behinderungen und Menschen mit geistigen Behinderungen berichtet. Das zeigt sich beispielsweise auch daran, dass in den Publikumsmedien die Paralympics deutlich häufiger dargestellt sind als Special Olympics.
Im Vergleich zur eher geringen Berichterstattung in den etablierten Leitmedien wird in sozialen Medien ein differenzierteres und vielfältigeres Bild von Behindertensport vermittelt. Das zeigt eine Analyse aus dem Frühjahr 2022. Untersucht wurde dabei auch, ob in den Beiträgen Stereotype auftauchen, die Menschen bestimmten „Schubladen“ zuordnen. Wenn es um die Behinderung geht, können das Mitleid sein oder eine starke Betonung der Einschränkung, aber auch heroisierende Porträts. Solche Klischees kommen auch in den sozialen Medien vor, unter anderem in Verbindung mit Sponsoring-Maßnahmen von Unternehmen. Auffallend ist außerdem eine annähernd gleich hohe Zahl von Posts auf Instagram zu Special Olympics und den Paralympics: Per 23. Februar 2022 wurden 489.267 Fundstellen mit dem Hashtag #specialolympics ermittelt und 546.937 für #paralympics. Dabei sind Paralympics-Posts öfter auf den Sport bezogen, bei Special Olympics stehen eher Gemeinschaft und soziale Interaktion im Mittelpunkt.