Das lang herbeigesehnte Wiedersehen mit dem gestiefelten Kater ist ein rasant-fröhliches Kinovergnügen, bei dem kein Wunsch offen bleibt.
Eine Katze hat neun Leben. Deswegen scheut der gestiefelte Kater keinen Kampf, geht keiner Herausforderung aus dem Weg– und nimmt es mit der Sicherheit nicht ganz so genau. Als jedoch einmal wieder ein „tödliches“ Missgeschick passiert, muss sich der Kater damit abfinden: Dieses Leben ist sein letztes. Helfen kann jetzt nur noch der Wunschstern. Dumm nur, dass dieser im Märchenwald verborgen liegt. Und noch dümmer, dass außer dem Kater auch seine Erzfeindin Kitty Samtpfote, Goldie und ihre Bärenbande und viele andere Märchenfiguren auf der Jagd nach dem Wunschstern sind. Was es nun braucht, ist ein furchtlos schnurrender Held, der bereit ist, sich auf das größte Abenteuer seines gestiefelten Daseins einzulassen.
Die Fans des gestiefelten Katers, der als erfolgreicher Sidekick aus dem SHREK-Universum schon 2011 in einem eigenen Abenteuer seinen Charme versprühte, werden auch in diesem neuen Abenteuer nicht enttäuscht: Eine bunt-schillernde Märchenwelt, voller augenzwinkernder Anspielungen auf die Originalstoffe, eine spannende Story, rasante Action (inklusive einiger für die jüngste Zielgruppe vielleicht zu gruseliger Szenen) und jede Menge Humor: Mit diesem Rezept macht DER GESTIEFELTE KATER: DER LETZTE WUNSCH Fans von Animationsfilmen glücklich. Die Geschichte eines heroischen Kämpfers, dem der Erfolg immer garantiert ist, wird charmant und mit gutem Sinn für Selbstironie gebrochen, denn der Kater, der von sich selbst mehr als überzeugt ist, begegnet im Laufe des Films einigen Herausforderungen, die ihn auch als Charakter ein bisschen „erwachsener“ werden lassen. Er lernt, an Blumen zu riechen, auf andere Rücksicht zu nehmen, Freundschaft über den Erfolg zu stellen – auch dank seines neuen selbsternannten besten Freundes, einem unschuldig-übermotivierten kleinen Hund, den Ricardo Simonetti mit Hingabe synchronisiert und so mit dem erneut großartigen Benno Fürmann in der Synchronrolle als Titelheld absolut mithalten kann. DER GESTIEFELTE KATER: DER LETZTE WUNSCH ist bestes Family Entertainment, bei dem kein Wunsch offen bleibt.
Jury-Begründung / Prädikat besonders wertvoll
Etwas über zehn Jahre hat es gedauert, bis der „gestiefelte Kater“ zum zweiten Mal Star eines animierten Abenteuerfilms geworden ist. Bekannt ist die Figur aus der SHREK-Welt, in der sie zuvor zwei Mal zu sehen war. Sie verkörpert Motive des gleichnamigen Märchen-Helden, angereichert mit Elementen der legendären Zorro-Figur. Insbesondere letztere Assoziation wird – neben der Mantel- und Degenausstattung – dadurch befeuert, dass im Original der ehemalige Zorro-Darsteller Antonio Banderas die Figur mit seinem spanischen Akzent synchronisiert. Dass Benno Fürmann in der deutschen Synchronfassung diesen Akzent wiederum übernimmt, wirkt nach wie vor etwas irritierend, ist aber fester Bestandteil dieser prägnanten Heldenfigur.
Der Familienfilm erzählt im Grunde die Geschichte eines alternden Helden. Acht der neun Katzenleben sind aufgebraucht – Vorsicht ist also angebracht, um dieses letzte nicht auch noch zu verlieren. Ironischerweise verlangt der Plot damit etwas, das dem klassischen Helden sonst niemals einfallen würde: eine Zügelung seines Tatendrangs, Rückzug antreten und sich auf andere verlassen. Dieser interessante Zug, eine gewisse Erdung des heldischen Überwesens, arbeitet mit Nachdruck den Botschaften zu, die der Film vermitteln möchte, dass nämlich nicht Übermut und Draufgängertum zu heldischen Tugenden taugen, sondern Achtsamkeit und Gemeinschaftssinn ebenso wie Freundschaft. Das alles, so suggeriert der Film, zählt weitaus mehr als Ruhm und Erfolg.
Wer aber jetzt glaubt, der Film neige damit zur Gemütlichkeit, irrt gewaltig. Das Tempo ist ungemein hoch, der Film strotzt vor dauernden Einfällen, er ist spannend und bietet kaum einen Moment der Langeweile. Anspielungen von SHREK bis hin zu SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD, wirklich sehr treffend geschriebene Figuren wie der komplett geerdete Hund Perro oder die als sprechendes Gewissen des Bösewichts fungierende Zikade bieten Anknüpfungspunkte für alle Generationen. Die Figur des Todes scheint den Macher:innen aus Sicht der Jurymitglieder allerdings im Übereifer schon arg gruselig geraten. Wer in der extrem vollgepackten und schnellen Handlung am Ende den Relief erleben will, in dem der Tod vorläufig sein Interesse am Helden verliert, muss – für einen Familienfilm, den auch Kinder sehen werden – ein wenig länger durchhalten.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) / 19.12.2022
Bildschirmfoto: FBW