Die neue schwedische Regierung will dem türkischen Regime mit Zugeständnissen in Sachen antikurdischer Politik eine Billigung des angestrebten NATO-Beitritts abringen. Außenminister Tobias Billström sagte in einem Radiointerview am Samstag zu der in Rojava (Nordsyrien) aktiven kurdischen Partei der Demokratischen Einheit (PYD) und den Volksverteidigungseinheiten (YPG), deren Verbindungen zur Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) seien „zu eng, um gut für die Beziehungen zwischen uns und der Türkei zu sein“. Hauptziel seiner Regierung sei Schwedens NATO-Mitgliedschaft. Damit signalisierte Billström seine Bereitschaft, der seit Jahrzehnten in dem nordischen Land gültigen Kriminalisierungspolitik gegen das kurdische Volk eine neue Dimension zu eröffnen.
Sowohl Schweden als auch Finnland streben angesichts der russischen Invasion der Ukraine einen NATO-Beitritt an. Dafür ist eine Ratifizierung aller 30 Mitgliedsstaaten des Verteidigungsbündnisses notwendig. Während 28 Mitglieder einer Aufnahme bereits zugestimmt haben, steht die Billigung durch die Türkei und Ungarn noch aus.
Der türkische Regimechef Recep Tayyip Erdoğan verweigert den Beitritt von Schweden und Finnland in die NATO mit einer angeblichen Unterstützung beider Länder von kurdischen Organisationen, die Ankara als „terroristisch“ betrachtet. Ende Juni unterzeichneten die drei Länder dann eine Absichtserklärung, die türkische Einwände ausräumen soll. Zu den Forderungen der Türkei gehörte auch die Aufhebung des schwedischen Waffenembargos sowie die Auslieferung von Oppositionellen. Zu einer abschließenden Einigung kam es aber noch nicht.
In Schweden kam es im Herbst zu einem Regierungswechsel, das Land wird von einer Mitte-Rechts-Koalition regiert. Der neue Ministerpräsident Ulf Kristersson von der konservativen Moderaten Partei hat mit Christdemokraten und Liberalen eine Minderheitskoalition gebildet, die von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten gestützt wird. Kristersson bat Erdoğan Ende Oktober um ein Gespräch hinsichtlich des NATO-Beitritts.