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Düngemittel knapp und teuer

EU-Pläne zur Entlastung von Bauern und für Ernährungssicherheit

Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine belastet eine Mineraldünger- und Energiekrise die globale Ernährungssicherheit und die Lebensmittelpreise.

Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine belastet eine Mineraldünger- und Energiekrise die globale Ernährungssicherheit und die Lebensmittelpreise. In einer Mitteilung legt die EU-Kommission nun ein breites Spektrum von Maßnahmen und Leitlinien vor, um die Herausforderungen zu bewältigen, vor denen Landwirte und Industrie in der EU sowie die Entwicklungsländer stehen.

Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski sprach von einem drängenden Problem, dem man nicht tatenlos zusehen könne: „Eine rentable Produktion von Düngemitteln in der EU ist eine wesentliche Voraussetzung für unsere strategische Autonomie und unseren kontinuierlichen Beitrag zur globalen Ernährungssicherheit. Eine starke heimische EU-Produktion gewährleistet auch die Einhaltung der weltweit höchsten Umweltstandards und trägt zum Abbau der Spannungen auf den Weltmärkten bei.“

Der für den Europäischen Grünen Deal zuständige Exekutiv-Vizepräsident Frans Timmermans ergänzte: „Der nachhaltige Weg in die Zukunft besteht darin, den Schwerpunkt auf Effizienz und Alternativen zu legen. Dies wird auch dazu beitragen, den Druck auf die weltweite Düngemittel-Versorgung zu verringern. Ebenso sollten wir die Gelegenheit nutzen, die Produktion von grünem Ammoniak, das mit erneuerbaren Energien erzeugt wird, auszuweiten. Je effizienter wir sind und je schneller wir auf Alternativen für mineralische Düngemittel umstellen, desto weniger hängen wir von fossilen Brennstoffen ab und desto widerstandsfähiger wird unser Lebensmittelsystem.“

Nachhaltige Düngemittelproduktion in der EU, Verringerung der Abhängigkeit

In der Mitteilung werden mehrere bewährte Verfahren und Wege skizziert. Sie sollen den Landwirten dabei helfen, ihren Düngemitteleinsatz zu optimieren, ihre Abhängigkeit zu verringern und gleichzeitig die Erträge zu sichern.

  • Kritischer Sektor: Die Mitgliedstaaten können den fortgesetzten und ununterbrochenen Zugang zu Erdgas für Düngemittelhersteller in ihren nationalen Notfallplänen für den Fall einer Gasrationierung priorisieren. Das steht im Einklang mit der Mitteilung der Kommission „Gas sparen für einen sicheren Winter“.
  • Finanzielle Unterstützung: Die Mitgliedstaaten können über den geänderten Befristeten Krisenrahmen für staatliche Beihilfen Landwirte und Düngemittelerzeuger gezielt unterstützen. Mittel, die etwa durch eine Deckelung der Markteinnahmen bestimmter Stromerzeuger und den Solidaritätsbeitrag generiert werden, können (vorbehaltlich der geltenden Bedingungen) auch für die Zwecke nationaler Förderregelungen verwendet werden. Darüber hinaus wird die Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten prüfen, ob die Agrar-Reserve in Höhe von 450 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2023 genutzt werden sollte für Landwirte, die von hohen Betriebsmittelkosten betroffen sind.
  • Verbesserte Markttransparenz: Die Kommission wird im kommenden Jahr eine Marktbeobachtungsstelle für Düngemittel einrichten, um Daten über Produktion, Verwendung, Preise und Handel auszutauschen.
  • Nachhaltige landwirtschaftliche Verfahren und Schulungen: Die Kommission wird gemeinsam mit den Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Landwirte sehr breit einschlägige Maßnahmen übernehmen. Dazu gehören Pläne für die Nährstoffbewirtschaftung und die Verbesserung der Bodengesundheit, Präzisionslandwirtschaft, ökologischer Landbau und die Verwendung von Leguminosen in Fruchtfolge-Programmen. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten auch auffordern, bei der Überarbeitung ihrer GAP-Strategiepläne (GAP = Gemeinsame Agrarpolitik) weitere Prioritäten zu prüfen und den Ehrgeiz für die Anwendung solcher Interventionen zu erhöhen.
  • Mehr organische Düngemittel: Die Substitution von Mineraldüngern durch organische Düngemittel – wann immer möglich – wird sowohl die Abhängigkeit der EU von Gas als auch den CO₂-Fußabdruck des Sektors verringern. Das Verordnung über Düngeprodukte gewährleistet bereits einen besseren Marktzugang zu hergestellten Düngemitteln aus verwerteten Abfällen und grünen und zirkulären Alternativen zu Erdgas. Das europäische Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe hat darüber hinaus 180 Millionen Euro investiert in unterschiedliche Projekte: Optimierung des Nährstoffhaushalts, alternative Düngung, naturbasierte Lösungen für das Nährstoffmanagement. Die Kommission wird ferner im Jahr 2023 einen Aktionsplan für ein integriertes Nährstoffmanagement annehmen, um eine effizientere Nutzung von Nährstoffen zu fördern (unter Berücksichtigung der Ausgangspunkte in den Mitgliedstaaten und dem Zero Pollution Action Plan.)
  • Übergang zuumweltfreundlicheren Düngemitteln: Die Kommission wird die Mitgliedstaaten ermutigen, Investitionen in erneuerbaren Wasserstoff und Biomethan für die Ammoniakproduktion zu unterstützen.
  • Diversifizierung des Handels: Die Kommission hat sich an alternative Lieferanten von Düngemitteln gewandt, um bisherige Lieferungen aus Weißrussland und Russland zu ersetzen. Bereits im Juli 2022 hatte die Kommission vorgeschlagen, Handelszölle für Ammoniak und Harnstoff auszusetzen, die zur Herstellung von Stickstoff-Düngern verwendet werden.

Unterstützung gefährdeter Länder, Verbesserung der globalen Ernährungssicherheit

Landwirte weltweit und besonders in gefährdeten Ländern bekommen die Spannung auf dem Düngemittelmarkt sehr deutlich zu spüren. Auf internationaler Ebene wird sich die Europäische Kommission weiter um eine bessere globale Ernährungssicherheit bemühen, und zwar durch:

  • Weitere Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und den europäischen Finanzinstitutionen, der Ansatz für die globale Ernährungssicherheit als „Team Europa“ hat dabei vier Handlungsschwerpunkte: Solidarität, Produktion, Handel und Multilateralismus.
  • Kooperation mit ausgewählten EU-Partnerländern, u. a. im Rahmen der Global Fertilisers Challenge, um Abhängigkeit und Verbrauch von importierten Mineraldüngern zu verringern. Das bedeutet: Verbesserung des Nährstoffmanagements, Steigerung der Düngemitteleffizienz und alternativer landwirtschaftlicher Praktiken, dabei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf Beratungs- und Beratungsdiensten für Landwirte.
  • Verbesserung der globalen Markttransparenz für Düngemittel, durch einen Beitrag zu relevanten internationale Initiativen im Bereich Düngemittel, insbesondere das Agrarmarkt-Informationssystem (AMIS) der G20.
  • Noch mehr Unterstützung zur Deckung des Zahlungsbilanzbedarfs, unter anderem durch den IWF Poverty reduction and Growth Trust. Eine verstärkte Zusammenarbeit mit internationalen Finanzinstitutionen (IFIs) im Rahmen des Global Gateway zur Entwicklung innovativer und nachhaltiger Investitionen.
  • Gespräche über Verbesserungen der Transparenz, einschließlich der Vermeidung von Ausfuhrbeschränkungen für den Düngemittelhandel in der WTO. Das Ziel: die Verpflichtungen zu erfüllen, die im Rahmen der auf der letzten Ministerkonferenz vereinbarten Erklärung zur Ernährungsunsicherheit eingegangen wurden.
  • Weitere Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, um sicherzustellen, dass der weltweite Handel mit Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen, einschließlich Düngemitteln, reibungslos abgewickelt werden kann.
  • Weitere Aufstockung der humanitären Nahrungsmittelhilfe der EU, die sich 2022 bereits auf über 900 Millionen Euro beläuft. Das sind rund 55 Prozent mehr als im Vorjahr und fast 80 Prozent mehr als 2020.

Über die Verfügbarkeit, Bezahlbarkeit und Verwendung von Düngemitteln hinaus wird die EU weiterhin gegen die Ursachen des Hungers vorgehen: dazu gehören Konflikte und Unsicherheit, Klimawandel und wirtschaftliche Schocks. Die EU wird mit ihren internationalen Partnern und Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um den Ausbau der lokalen Produktionskapazitäten und die Schaffung nachhaltiger und widerstandsfähiger Lebensmittelsysteme in den am stärksten gefährdeten Kontexten zu unterstützen. Während die EU dieses Ziel fördert, wird sie den Weg für innovative Ansätze zur Unterstützung einer integrierten Bewirtschaftung der Bodenfruchtbarkeit ebnen, indem sie eine Reihe standortspezifischer Lösungen für die Bodenfruchtbarkeit anwendet, die nachhaltige Ertragsgewinne begünstigen.

Die Notwendigkeit, die allgemeine Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit unserer Lebensmittelsysteme mittel- und langfristig zu stärken, steht im Einklang mit der im März 2022 angenommenen Mitteilung über die Gewährleistung der Ernährungssicherheit, der Farm to Fork-Strategie und REPowerEU.

Hintergrund

Russlands illegaler Angriffskrieg auf die Ukraine hat eine wegen der COVID-19-Pandemie ohnehin schon schwierigen Situation für den Düngemittelmarkt verschärft. Die Herstellung von Stickstoffdüngern hängt von Erdgas. Der Spitzenwert des Gaspreises führte im September 2022 zu einem Preisanstieg von 149% bei Düngemitteln im Vergleich zum Vorjahr. Infolgedessen haben die Landwirte den Einkauf dieser Produkte verzögert bzw. reduziert. Dies könnte zu niedrigeren Erträgen für die Ernte im nächsten Jahr und letztlich zu höheren Lebensmittelpreisen führen. Das kann potenziell verheerende Auswirkungen haben auf die Ernährungssicherheit, insbesondere in gefährdeten Regionen der Welt, die in hohem Maße von der Einfuhr solcher Produkte abhängig sind und bereits ein hohes Maß an Ernährungsunsicherheit aufweisen.

Hohe und instabile Düngemittelpreise stellen die Landwirte in der EU vor eine Herausforderung. Der Kauf von Düngemitteln macht durchschnittlich rund 6 Prozent der Inputkosten aus, bei den Landwirten landwirtschaftlicher Kulturpflanzen bis zu 12 Prozent. Das Ziel der EU-Strategie vom Erzeuger bis zum Verbraucher ist es, die Nährstoffverluste bis 2030 um 50 Prozent zu verringern und gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. Effizienz-Steigerungen in der EU werden nicht nur zu eindeutigen wirtschaftlichen und ökologischen Vorteilen führen, sondern auch die Spannungen auf dem Weltmarkt verringern.

EU-Kommission / 09.11.2022

Foto: EU-Kommission

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