Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson wird am Dienstag die Türkei besuchen, um über den NATO-Beitrittsantrag zu sprechen, berichtet Sveriges Radio. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg besuchte die Türkei zwischen dem 3. und 5. November, um die Beitrittsgesuche Finnlands und Schwedens zum Abschluss zu bringen, die sie nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine im Februar eingereicht hatten. Die Türkei hat sich als schwieriges Hindernis für die skandinavischen Länder erwiesen, da der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Kriminalisierung der kurdischen Bewegung und die Auslieferung kurdischer Aktivist:innen zur Bedingung des NATO-Beitritts macht.
Die schwedische Regierung hat am Samstag verdeutlicht, sich von der Autonomieverwaltung Nordostsyriens distanzieren zu wollen, um den türkischen Bedenken entgegenzukommen. Außenminister Tobias Billström sagte hinsichtlich der Partei der Demokratischen Einheit (PYD) und der Volksverteidigungseinheiten (YPG), deren Verbindungen zur Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) seien „zu eng, um gut für die Beziehungen zwischen uns und der Türkei zu sein“. Hauptziel seiner Regierung sei Schwedens NATO-Mitgliedschaft. Damit signalisierte Billström seine Bereitschaft, der seit Jahrzehnten in dem nordischen Land gültigen Kriminalisierungspolitik gegen das kurdische Volk eine neue Dimension zu eröffnen.
AANES: Bedauerlicher Akt der Kapitulation und Unterwerfung
Die Autonome Verwaltung Nord- und Ostsyriens (AANES) bezeichnet die Haltung des schwedischen Außenministers als „enttäuschend“. In einer Erklärung der AANES-Abteilung für auswärtige Angelegenheiten von Samstag wird darauf hingewiesen, dass die Menschen in Nordostsyrien für die gesamte Menschheit gegen den IS-Terror kämpfen und sich für Frieden und Sicherheit einsetzen. Weiter hieß es: „In diesem Zusammenhang haben wir viele Opfer gebracht, und auf dieser Grundlage haben sich unsere Beziehungen zu vielen Staaten gefestigt. Dank dieser Opfer haben die internationalen Staaten unser Volk unterstützt. Dies zeigt, dass unser Kampf ein Kampf für Stabilität und Frieden für die Welt und die Menschheit ist. In diesem Zusammenhang wurde ein freundschaftliches und kooperatives Verhältnis zur schwedischen Regierung und den Menschen, die die Region unterstützen, aufgebaut.“
Schweden sei „ein Staat mit einem demokratischen Erbe und demokratischen Werten“ und habe die Menschen in der Region im humanitären Bereich und bei der Umsetzung einer politischen Lösung unterstützt, so die AANES: „Diese Haltung der schwedischen Bevölkerung war von Wertschätzung und Respekt geprägt. Mit Bedauern haben wir die Erklärung des neuen schwedischen Außenministers Tobias Billström gehört, dass er die Kurdinnen und Kurden oder die YPG nicht unterstützt. Der Norden und Osten Syriens und seine Streitkräfte kämpfen mit Unterstützung der internationalen Koalition gegen den IS. Es ist traurig, eine solche Erklärung des schwedischen Außenministers zu hören, um dem türkischen Besatzungsstaat zu gefallen und in die NATO aufgenommen zu werden. Wir verstehen die Interessen Schwedens sehr gut, aber es ist falsch, seine Interessen auf Kosten unserer kämpfenden Bevölkerung zu schützen, die immer noch gegen den weltweiten Terrorismus kämpft. Gerade jetzt braucht unser Volk Unterstützung, um diese terroristischen Kräfte zu besiegen. Die Einstellung dieser Unterstützung für Nord- und Ostsyrien ist ein Akt gegen die Werte der Demokratie und der Terrorismusbekämpfung. Es ist eine Kapitulation und Unterwerfung unter den türkischen Staat. Damit wird der schwedische Staat zum Partner der türkischen Besatzung in der Region.
Wir erwarten von der schwedischen Regierung, dass sie die demokratische Politik nicht verletzt und ihren Platz in der internationalen Gemeinschaft behält. Sollte dies geschehen, wäre dies ein Akt, der der schwedischen Regierung und dem schwedischen Volk sowie den historischen Beziehungen zwischen unseren Völkern und den Werten der Unterstützung unterdrückter Völker unwürdig ist. Die schwedische Regierung muss ihre kontinuierlichen Beziehungen zu den Völkern aufrechterhalten.“