Vor dem Europaparlament in Brüssel haben wütende Aktivist:innen gegen das Schweigen der westlichen Regierungen und internationalen Institutionen zu den Chemiewaffenangriffen der Türkei in Kurdistan protestiert. Zu der Aktion auf dem Luxemburg-Platz hatte der KCDK-E als Dachverband kurdischer Organisationen in Europa aufgerufen.
Türkei bombardiert, NATO finanziert
An dem Protest nahmen auch aus Frankreich und Deutschland angereiste Demonstrant:innen teil. Dutzende Teilnehmende trugen symbolische Schutzanzüge, um auf den Einsatz von Giftgas durch die türkische Armee in den Bergen Kurdistans aufmerksam zu machen. Unter starkem Regen skandierten die Aktivist:innen „Türkei bombardiert, NATO finanziert!“ und „Terrorist Erdogan“, in weiteren Parolen wurde Solidarität mit der Guerilla zum Ausdruck gebracht. Die Demonstrant:innen trugen Bilder von 17 Guerillakämpfer:innen, die in den vergangenen Wochen von der türkischen Armee mit chemischen Waffen getötet wurden. In einer verlesenen Erklärung der Veranstalter:innen wurde auf die seit Februar 2021 andauernden Einsätze von Chemiewaffen und die zahlreichen Belege für die türkischen Kriegsverbrechen hingewiesen.
Forderung an OPCW: Untersuchen, verurteilen, verhindern!
Die Demonstrant:innen forderten von der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW), die Aufrufe kurdischer Organisationen und internationaler Einrichtungen wie IPPNW zu berücksichtigen und den Einsatz chemischer Kampfmittel zu untersuchen, zu verurteilen und zu verhindern. Der Ko-Vorsitzende des KCDK-E, Yüksel Koç, erklärte in einer Rede, dass der für die Freiheit des kurdischen Volkes kämpfenden Guerilla die Luft genommen werden soll, und verurteilte das internationale Schweigen und den mit dem türkischen Staat kollaborierenden Barzanî-Clan aus der Kurdistan-Region Irak (KRI), der eine Untersuchung der Chemiewaffeneinsätze durch Expert:innen verhindere. Die PYD-Politikerin Zozan Dêrik sagte, dass das kurdische Volk auch mit Giftgas nicht vernichtet werden kann und weiterkämpfen wird.
Tränengas auf Aktivist:innen
Nach den Reden bewegten sich die Aktivist:innen auf das Europaparlament zu, die Polizei setzte Tränengas ein. Einer der belgischen Polizisten sprach die Demonstrant:innen auf Türkisch an, was zu einer noch größeren Anspannung führte. Die Polizei forderte Verstärkung an, es rückten auf Aufstandsbekämpfung spezialisierte Einheiten und ein Wasserwerfer an. Die Aktivist:innen sammelten sich erneut auf dem Luxemburg-Platz und wurden eingekesselt. Die Auseinandersetzung beruhigte sich, als eine Delegation der Demonstration zum Europaparlament vorgelassen wurde.
Dossier im Europaparlament übergeben
Die dreiköpfige Delegation übergab ein Dossier des KCDK-E, in dem eine Untersuchung der Chemiewaffenvorwürfe und sofortiges Handeln für ein Ende der türkischen Kriegsverbrechen gefordert wird. Der KCDK-E fordert, dass die OPCW wie beizeiten in Syrien auch den Einsatz verbotener Kampfstoffe in Südkurdistan untersucht.
Die Polizei lockerte zu diesem Zeitpunkt die Einkesselung und zog sich teilweise zurück. Die Protestaktion wurde noch eine Zeitlang mit Parolenrufen und Widerstandsliedern fortgesetzt.