IM WESTEN NICHTS NEUES erzählt die ergreifende Geschichte eines jungen deutschen Soldaten an der Westfront im Ersten Weltkrieg. Paul und seine Kameraden erleben am eigenen Leib wie sich die anfängliche Kriegseuphorie in Schrecken, Leid und Angst umkehrt, während sie in den Schützengräben verzweifelt um ihr Leben kämpfen. Basierend auf der berühmten, gleichnamigen Buchvorlage von Erich Maria Remarque.
Der Film in der Regie von Edward Berger ist mehr als eine Neuverfilmung eines Literaturklassikers. Ein konsequent harter und ehrlicher Film über das Leben junger Soldaten im Krieg, umgesetzt mit filmtechnischer Perfektion und einem exzellenten Ensemble. Ein Film, der aufgrund seiner Thematik – leider – auch für eine heutige Generation zeitlos relevant und wichtig ist.
Schon in den ersten Minuten verdeutlicht der Film die Anonymität und Alltäglichkeit des Kriegsgrauens. Dabei sorgen die farbentsättigten Aufnahmen von Schmutz, Blut und Verwesung dafür, dass man das Elend förmlich riechen, schmecken und fühlen kann. Eindrucksvoll etablieren Berger und sein Kameramann James Friend das Setting des Schützengrabens, in dem die Soldaten, die fast noch Kinder sind, nebeneinander stehen und als menschliches Kanonenfutter verheizt werden. Für die Sinnlosigkeit eines Stellungskrieges, der 17 Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Die Aufnahmen von Friend sind so präzise und exakt komponiert, dass sie fast schön wirken inmitten all dieser Grausamkeit, auch weil Berger und Friend immer wieder erhebende Aufnahmen von Bäumen und der Natur im Allgemeinen einblenden. Auf der Soundebene erzeugt eine wiederkehrende basslastige Melodie eine gruselige vorahnende Angststimmung, die zusammenspielt mit dem Originalton, der alles Menschliche erklingen lässt, bis hin zu dem letzten röchelnden Atmen eines sterbenden Soldaten.
Das Ensemble ist mit bekannten Namen wie Daniel Brühl, Devid Striesow, Edin Hasanovic und Albrecht Schuch hochkarätig besetzt. Doch es sind vor allem die Nachwuchsdarsteller, die als junge Soldaten überzeugen. Als Paul Bäumer sticht Felix Kammerer durch seine große vor allem in den Augen sichtbare Unschuld heraus, die schon bald einer stoischen Stumpfheit weicht. Inszenatorisch wechselt Berger zwischen einer konsequent-harten und damit authentischen Gewalt eines Combat-Actionfilms und ruhigen Szenen, in denen die Soldaten fernab von Granatsplittern und Gewehrschüssen in knappen Dialogen ihr Essen und die schlimmen Erfahrungen teilen. Obwohl Berger und sein Team die Romanvorlage von Remarque nicht 1:1 adaptieren, so übernimmt der Film doch den sachlichen Ton, mit dem vom Krieg erzählt wird. Auf kluge Weise hält er so auch dem Zuschauenden von heute einen Spiegel vor, der aufgrund der medialen Berichterstattung über den Krieg auch emotional mehr und mehr abstumpft. Ein Zustand, den IM WESTEN NICHTS NEUES durch seine Härte verhandelt und aufbricht. In der Tradition herausragender (Anti-)Kriegsfilme macht der Film deutlich, wie wichtig auch heute – gerade für junge Generationen, die den Krieg nicht erlebt haben – eine Auseinandersetzung mit diesem Thema ist.
Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) / 26.09.2022
Foto: FBW