Ein eindrucksvoll gespieltes Mutter-Sohn-Drama, das vom Lieben und Loslassen erzählt
Eva und ihr 13-jähriger autistischer Sohn Felix sind ein eingespieltes Team. Obwohl Eva immer wieder mit Entschlossenheit darum kämpft, Felix im Alltag Stabilität und Normalität zu bieten, gerät sie oft an die Grenzen des Machbaren. Bis die Situation eines Tages eskaliert. Das eindrucksvolle Spiel von Liv Lisa Fries und Jona Eisenblätter und das genaue inszenatorische Gespür für das Verhältnis Mutter und Sohn machen diesen Spielfilm zu einem Drama, das noch lange nachhallt.
Schon die ersten Minuten des Langfilmdebüts des Regisseurs Max Fey machen klar, wo der erzählerische Fokus (Drehbuch co-geschrieben mit Michael Gutmann) des Films liegt: Wie eine Einheit und in absoluter Symbiose miteinander wirken die junge alleinerziehende Mutter Eva und ihr Sohn Felix, der aufgrund seiner Prägung nur wenige Menschen an sich heranlässt. Dennoch will Eva verhindern, dass Felix ausgegrenzt wird. Und so kämpft sie Tag für Tag, spricht mit der Schule, mit den Behörden, mit Betreuenden und Beratenden – und weigert sich, Felix als „Sonderfall“ abstempeln zu lassen. Liv Lisa Fries spielt mit Verve und Energie und lässt trotz aller Entschlossenheit auch die Fragilität und Erschöpfung erkennen, die ihr Charakter aufgrund der Ausnahmesituation mit sich bringt. Und der von Jona Eisenblätter dargestellte Autismus vermittelt sich durch sein in sich ruhendes Agieren überzeugend und authentisch. Nebenfiguren wie die Kinderpsychologin (Corinna Harfouch) und eine Betreuerin (Lena Urzendowsky) oder auch das Schulpersonal und ein Nachbar (Thure Lindhardt) sind nicht als Antagonist*innen dargestellt, sondern in ihrem ehrlichen Bemühen, das Beste für Felix zu tun. Als weiterer Protagonist agiert die Wohnung, die von Szenenbild und Kamera in all ihrer Wärme als Kern des Zusammenseins inszeniert wird. Dass grenzenlose Liebe vielleicht manchmal nicht reicht, um sich eines solchen Problems anzunehmen, ist eine Botschaft, die nur auf den ersten Blick hoffnungslos wirkt. Denn durch das Spiel von Fries und Eisenblätter, das gelungene Drehbuch und die sensible Inszenierung auch kleiner Gesten und Blicken glaubt man daran, dass die Liebe zwischen einem Sohn, der mit seiner Krankheit einen eigenen Weg im Leben finden muss, und einer Mutter, die ihn dabei immer unterstützen wird, auch Loslassen bedeuten kann.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) / 13.06.2022
Foto: FBW