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Muhammed Cihad Cemre von Antiterrorpolizei festgenommen

Der Friedensaktivist Muhammed Cihad Cemre ist in Çanakkale von der Antiterrorpolizei festgenommen worden. Gegen den Sohn der HDP-Abgeordneten Hüda Kaya rollt im Internet eine Hasswelle, die von Regierungsanhängern losgetreten wurde.

Der Friedensaktivist Muhammed Cihad Cemre ist in Çanakkale von der Antiterrorpolizei festgenommen worden. Gegen den Sohn der HDP-Abgeordneten Hüda Kaya rollt im Internet eine Hasswelle, die von Regierungsanhängern losgetreten wurde.

Der Friedensaktivist, politische Analyst und Kriegsdienstverweigerer Muhammed Cihad Cemre (ehemals Saatçioğlu) ist in der westtürkischen Stadt Çanakkale festgenommen worden. Nach Angaben seiner Mutter, der HDP-Abgeordneten Hüda Kaya, wurde der 37-Jährige am Samstagfrüh von einer polizeilichen Antiterroreinheit in seiner Wohnung im Kreis Bayramiç in Gewahrsam genommen. Bisher lägen keine Informationen über die Hintergründe der Festnahme vor, da über die Ermittlungsakte eine Geheimhaltungsverfügung verhängt worden sei. „Doch Regierungsanhänger und Trolls sind umgehend aktiv geworden und führen hässliche Angriffe auf meine Familie durch“, schrieb Kaya im Kurznachrichtendienst Twitter.

Damit bezog sich Kaya auf eine Hasswelle mit Beleidigungen, Beschimpfungen und Verunglimpfungen, die nach Berichten in regierungsnahen Blättern im Internet über Cemre rollt. Die Tageszeitung „Sabah“ etwa, die als wichtiges Sprachrohr der türkischen AKP-Regierung gilt, berichtete, Grund der Festnahme des Friedensaktivisten sei eine Anzeige bei der Zentralbehörde der türkischen Polizei (EMG). Offenbar wurde Cemre dort als „Terrorist“ denunziert, der sich „regelmäßig“ bei der PKK im Qendîl-Gebirge aufhalten soll. Als Beweis sollen der Polizei Fotos übermittelt worden sein, die den Aktivisten mit Personen aus der PKK-Führung zeigen sollen. Dabei handelt es sich offensichtlich um Fotos, die bereits im Jahr 2013 im Rahmen einer Südkurdistan-Reise Cemres und dessen Mutter Hüda Kaya entstanden sind und tausendfach durch die Medien verbreitet wurden.

Muhammed Cihad Cemre befindet sich nicht zum ersten Mal im Visier der türkischen Sicherheits- und Verfolgungsbehörden. Mehrmals saß er im Gefängnis, unter anderem 2011 wegen vermeintlicher PKK-Mitgliedschaft aufgrund seiner Teilnahme an Aktionen unter dem Motto „Lösung statt Tod – Freiheit für den Frieden“. Diese Erfahrung war auch der ausschlaggebende Punkt für die Qendîl-Reise, in deren Rahmen Gespräche über Wege zu Frieden und eine demokratische Lösung der kurdischen Frage geführt worden waren. Zu der Zeit hatte der Dialogprozess zwischen dem türkischen Staat und der PKK bereits konkrete Züge angenommen.

2019 wurde Muhammed Cihad Cemre wegen „Terrorpropaganda“ zu fünfzehn Monaten Haft verurteilt. Das Urteil geht auf die vermeintliche Teilnahme an einer verbotenen Demonstration im November 2016 in Istanbul zurück. Hintergrund des Protests war eine große Festnahmewelle gegen die HDP, an deren Ende mehrere Abgeordnete, darunter die früheren Vorsitzenden Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş, verhaftet wurden. Cemre hatte die vom HDP-Frauenrat organisierte Veranstaltung im Istanbuler Bezirk Kadıköy lediglich beobachtet und sich schützend neben seine Mutter gestellt, als die Stimmung bei der Polizei zunehmend gereizter wurde und die Lage zu eskalieren drohte. In der Folge nahmen die Beamten Cemre ins Visier, prügelten auf ihn ein und zerrten ihn in einen Einsatzwagen, wo die Tortur weiterging. Am Ende lag der Aktivist mit einem Wirbelbruch und anderen Frakturen im Krankenhaus. Eine Beschwerde gegen seine Verurteilung wegen „Entfremdung der Bevölkerung vom Militärdienst“ ist vor dem türkischen Verfassungsgericht weiter anhängig.

ANF

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