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IS-Genozid an Eziden

Menschenrechtsausschuss plädiert für Anerkennung

Der Menschenrechtsausschuss des Bundestags hat heute über die Anerkennung des IS-Genozids an der ezidischen Gemeinschaft in Şengal beraten. Die Mitglieder plädierten einstimmig dafür, die Verbrechen der Terrorgruppe als Völkermord zu betrachten.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat sich am Montag in einer öffentlichen Anhörung mit dem Völkermord an den Ezidinnen und Eziden befasst. Die Diskussion knüpfte an eine Sitzung des Petitionsausschusses im Februar an: Damals hatte der Petent Gohdar Alkaidy, Ko-Vorsitzender der Berliner Stelle für jesidische Angelegenheiten e.V., gefordert, dass der Überfall der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) im August 2014 auf die Şengal-Region im Nordirak (Südkurdistan) sowie die Verbrechen danach als Genozid anerkannt werden. Er verwies dabei auch auf die Tatsache, dass in Deutschland die größte ezidische Diaspora-Gemeinde weltweit beheimatet ist. Nun hatte das Anliegen von Gohdar Alkaidy Erfolg: Die Mitglieder des Menschenrechtsausschusses haben einstimmig für eine Anerkennung der IS-Verbrechen als Genozid durch den Bundestag plädiert. Das ist ein wichtiges Signal an die Überlebenden der Verbrechen und Angehörigen der Opfer. Ein abschließendes Urteil und eine Empfehlung für die Abgeordneten werden in Kürze erwartet.

„Die Anerkennung des Genozids an den Ezidinnen und Eziden ist nicht nur für die Trauma-Bewältigung eines ganzen Volkes enorm wichtig. Sie dient außerdem der Aufarbeitung der Verbrechen und hilft bei der Aussöhnung zwischen den Ethnien und Religionen des Irak“, sagte Gohdar Alkaidy nach der Sitzung. Bei der Anhörung kamen mehrere Fachleute zu Wort. So informierte Jan Ilhan Kizilhan, Experte für transkulturelle Psychiatrie und Traumatologie, den Ausschuss als Sachverständiger über die Ereignisse in der jüngsten Geschichte der ezidischen Gemeinschaft und ihre traumatisierende Auswirkung auf das kollektive Gedächtnis der Religionsgemeinschaft.

Fraktionsübergreifender Konsens

Der fraktionsübergreifende Konsens darüber, dass die IS-Verbrechen an den Ezidinnen und Eziden als Völkermord eingestuft werden müssen, gilt als bedeutender Schritt hin zu Gerechtigkeit für die Opfer und einer angemessenen Strafverfolgung der Tatbegehenden. Damit würde aber auch der Druck auf den Irak und die Regionalregierung in Südkurdistan wachsen, den Ezidinnen und Eziden eine Stimme zu geben und ihnen die Rückkehr in ihre Heimat zu ermöglichen.

Der Genozid am ezidischen Volk

Seit fünftausend Jahren lebt die ezidische Gemeinschaft in Mesopotamien, zwischen Euphrat und Tigris. Nicht erst mit dem Terror des IS in ihrem Hauptsiedlungsgebiet Şengal begann für die religiöse Minderheit mit vorchristlichen Wurzeln, die den Engel Pfau (Tawûsî Melek) verehrt, eine unglaubliche Kette von Verfolgung, sondern schon seit der Islamisierung des Nahen Ostens. Diese blutigen Anschläge auf ihr Volk bezeichnen die Ezid:innen als „Ferman“. Während der Begriff im osmanischen Sprachgebrauch für ein Dekret des Sultans steht, nahm das Wort in der Sprache des „Volkes des Engels“ die Bezeichnung für Verfolgungen und Pogrome an.

Mindestens 73 Verfolgungswellen

Es wird davon ausgegangen, dass die Ezid:innen seit dem zwölften Jahrhundert Opfer von mindestens 73 Verfolgungswellen wurden. Zuletzt am 3. August 2014, als der selbsternannte „Islamische Staat“ (IS) in Şengal einfiel, um die religiöse Minderheit auszulöschen. Zehntausenden Ezidinnen und Eziden blieb nur die Flucht ins Gebirge. Doch nicht allen gelang sie rechtzeitig. Die Dschihadisten des selbsternannten IS verübten Massenmorde an den Männern, verschleppten Frauen und Kinder, um sie zu vergewaltigen, zu versklaven oder zu Kindersoldaten zu rekrutieren. Schätzungen nach fielen über 10.000 Menschen den Massakern zum Opfer. Mehr als 400.000 Menschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Über 7.000 Frauen und Kinder wurden verschleppt, Bis heute werden etwa 2.800 Frauen und Kinder vermisst. Daher stellt dieser Genozid in seiner Form zugleich auch einen Femizid dar.

ANF

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