Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) begrüßt die Entscheidung des Menschenrechtsausschusses des Deutschen Bundestages, die Verbrechen des sogenannten „Islamischen Staates“ (IS) an der yezidischen Bevölkerung des Nordirak im Jahr 2014 als Völkermord zu betrachten. Die Mitglieder des Ausschusses folgten damit bei der heutigen Sitzung dem Anliegen einer Petition des Co-Vorsitzenden der Stelle für Jesidische Angelegenheiten in Berlin, Gohdar Alkaidy. Ein abschließendes Urteil und eine Empfehlung für das Parlament wird in Kürze erwartet. „Die Anerkennung dieses Genozids durch den Bundestag ist ein wichtiges Signal an die Überlebenden und Angehörigen der Opfer“, erklärt Tabea Giesecke, GfbV-Referentin für ethnische, religiöse und sprachliche Minderheiten. „Sie hilft bei der Bewältigung der Traumata. Zugleich ist sie wichtig, um Druck auf den Irak auszuüben: Hier muss es Aufklärung geben, die Täter müssen verfolgt und zur Rechenschaft gezogen werden.“
Nachdem die Petition für die Anerkennung auf Bundesebene am 14. Februar im Petitionsausschuss debattiert wurde, war der Menschenrechtsausschuss der nächste Schritt. Hier zeigte sich während der Sitzung ein fraktionsübergreifender Konsens darüber, dass die Anerkennung des Genozides vorangetrieben werden müsse. Der Petent Gohdar Alkaidy sagte nach der Sitzung: „Die Anerkennung des Genozids an den Jesidinnen und Jesiden ist nicht nur für die Trauma-Bewältigung eines ganzen Volkes enorm wichtig. Sie dient außerdem der Aufarbeitung der Verbrechen und hilft bei der Aussöhnung zwischen den Ethnien und Religionen des Irak.“
Im Jahr 2014 griff der IS yezidische Siedlungsgebiete in Sinjar an. Die Intention dieses Angriffes war die vollständige Auslöschung des Yezidentums. Noch heute dauert der Genozid an. Etwa 2.500 Menschen, zumeist verschleppte Frauen und ihre Kinder, werden immer noch vermisst. „Die Anerkennung des Genozides kann ein wichtiges Zeichen setzen, dass der Irak yezidische Stimmen anhören muss“, so Giesecke. „Denn wieder sind yezidische Menschen im Irak in Gefahr und müssen fliehen.“ Im Nordirak ist die Situation durch die Auseinandersetzungen zwischen den Widerstandseinheiten Sinjars (YBS) und irakischen Truppen gefährlich. Auch die Türkei greift immer wieder kurdische und yezidische Siedlungsgebiete im Nordirak und Nordsyrien an.
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) / 20.06.2022
Foto: ANF