Die UNESCO hat gemeinsam mit der Hochschule RheinMain in Wiesbaden den UNESCO-Lehrstuhl für historische Stadtlandschaften und Kulturerbe-Verträglichkeitsprüfungen unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Michael Kloos eingerichtet. Damit tragen in Deutschland nun 15 UNESCO-Lehrstühle zur Umsetzung der Globalen Nachhaltigkeitsagenda bei.
„Wenn sich eine Stadt wandelt, ist das oft Anlass für intensive Diskussionen“, erklärt die Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission Prof. Dr. Maria Böhmer. „Wie hoch dürfen etwa Häuser in den Himmel wachsen, ohne dass ein Ort seinen Charakter verliert? Gerade wenn es darum geht, das historische Bild unserer Städte mit den Bedürfnissen einer modernen Gesellschaft in Einklang zu bringen, brauchen wir praxistaugliches Know-how. Der Spagat zwischen dem Erhalt unseres städtebaulichen Erbes und seiner nachhaltigen Entwicklung kann nur gelingen, wenn wir viele Dinge zusammendenken, von der Planung über die Bürgerbeteiligung bis hin zu Verwaltungsfragen und Finanzierungsinstrumenten“, so Böhmer. „Mit seiner herausragenden Expertise wird der neue UNESCO-Lehrstuhl in Wiesbaden einen wichtigen Beitrag dazu leisten!“
Der UNESCO-Lehrstuhl im Fachbereich Architektur und Bauingenieurwesen der Hochschule RheinMain liefert Wissen und praktische Unterstützung für den Erhalt und die nachhaltige Entwicklung historischer Stadtlandschaften. Sind Städte einem hohen Veränderungsdruck ausgesetzt, stellen sich mit Blick auf ihre historische Substanz viele, oft kontroverse Fragen. Wie mit den widerstreitenden Interessen umgegangen werden kann, erforscht nun der neue Lehrstuhl. Er bündelt Expertise zu Fragen der Planung, des Managements und der Evaluierung von Projekten in UNESCO-Welterbestätten und entwickelt Strategien zur Konfliktprävention und Mediation.
„Die Sicherung kulturellen Erbes in städtischen Agglomerationen kann nur dann gelingen, wenn sie als zentraler Bestandteil der aktuellen Stadtentwicklung aufgefasst wird. Sie ist also per se eine interdisziplinäre Aufgabe“, betont Prof. Dr. Kloos. „Diese interdisziplinäre Haltung ist auch wesentlicher Baustein des Studiengangs Baukulturerbe wie auch des Lehrgebiets für Sicherung und nachhaltige Entwicklung historischer Stadt- und Kulturlandschaften, an das der UNESCO-Lehrstuhl angegliedert werden soll. Sie drückt sich jedoch auch darin aus, dass in das Konzept des UNESCO-Lehrstuhls neun weitere Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Studiengängen des Fachbereichs Architektur und Bauingenieurwesen eingebunden sind. Hierdurch wird bestehendes Know-how für die Forschung gebündelt und es werden für die Lehre und die internationale Zusammenarbeit neue Impulse gesetzt“, so Kloos weiter.
„Wir sind die erste Hochschule in Hessen und bundesweit die erste Hochschule für angewandte Wissenschaften, an der ein UNESCO-Lehrstuhl eingerichtet wird. Darauf sind wir sehr stolz“, unterstreicht Prof. Dr. Eva Waller, Präsidentin der Hochschule RheinMain. „Die Entscheidung der UNESCO ist Beleg für den hohen Stellenwert, der Hochschulen für angewandte Wissenschaften in zeitgemäßer und gesellschaftsrelevanter Forschung und Lehre beigemessen wird und gleichzeitig Auszeichnung für die exzellente Arbeit von Prof. Dr. Kloos, bei dem ich mich für sein großes Engagement bedanken möchte.“
UNESCO-Lehrstühle stärken durch ihre Arbeit die Kooperation mit Hochschulen, anderen Forschungseinrichtungen und gesellschaftlichen Akteuren in Ländern des Globalen Südens, in Deutschland und in Europa. Die Hochschule RheinMain arbeitet bereits heute eng mit zahlreichen internationalen Partnern zusammen, darunter der Namibia University of Science and Technology in Windhoek. Der neue UNESCO-Lehrstuhl plant, den Austausch mit Hochschulen auf dem afrikanischen Kontinent weiter auszubauen.
Hintergrund
Im weltumspannenden Netzwerk der UNESCO Chairs kooperieren über 850 UNESCO-Lehrstühle in mehr als 115 Ländern, um die Ziele der UNESCO in Wissenschaft und Bildung zu verankern. In Deutschland sind 15 UNESCO-Lehrstühle ansässig. Sie zeichnen sich durch herausragende Forschung und Lehre in den Arbeitsgebieten der UNESCO aus. Zu den Prinzipien ihrer Arbeit gehören die internationale Vernetzung, insbesondere im Nord-Süd- und Nord-Süd-Süd-Bereich, sowie die Förderung des interkulturellen Dialogs. UNESCO-Lehrstühle tragen weltweit dazu bei, Wissen zu schaffen, zu verbreiten und zur Anwendung zu bringen, um nachhaltige Entwicklung zu fördern.
Deutsche UNESCO-Kommission / 26.04.2022
Foto: Deutsche UNESCO-Kommission / © Hochschule RheinMain / Andreas Schlote